Dallapiccolas „Ulisse” in Frankfurt. Ein musikalischer Diskurs über die Selbstfindung

Gleich die zweite Aufführung der Oper in einem Prolog und zwei Akten „Ulisse“ (1968) von Luigi Dallapiccola (Inszenierung: Tatjana Gürbaca im kongenialem Bühnenbild von Klaus Grünberg) musste aus Corona-Erkrankungsgründen abgesagt werden! Die Folgeaufführung, wieder eine Woche später, konnte dann Gott sei Dank stattfinden, weil für die Rolle der Kirke und der Nebenrolle der Melantho Annette Schönmüller für die erkrankte Katharina Magiera einsprang. Heißt, mal eben in fünf Tagen Klausur eine neue Partie einstudieren! Schönmüller sang dann die Vorstellung mit Partitur von der Seite, während Regieassistentin Aleena Mokiievets die Szenen spielte. Was für ein Glück, den Beziehungen eines guten Hauses natürlich zu verdanken, das es zu Sängerinnen Kontakte hat und sie für eine solche Anstrengung – denn wer kennt schon so selten gesungene Partien? – gewinnen kann. Die Gesangspartien scheinen noch elaborierter als die in den „Teufeln von Loudun“, der letzten erlebten 68er Oper dieses Monats. In „Ulisse” geht es allerdings weniger um Skandale als um einen einsamen Ausgestoßenen, der auf der Suche nach sich selbst ist. (Von Sabine Weber)

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Kunstübergreifende Blicke. Serge Dorny über seine erste Spielzeit in München

Serge Dorny. Foto: Julian Baumann

Seit dieser Spielzeit ist Serge Dorny Intendant der Bayerischen Staatsoper. Anlässlich der Premiere der Münchner Opernfestspiele (Siehe Bericht) treffen wir uns im Intendantenbüro, um zurück und auch auf die kommende Saison zu blicken. (Das Interview hat am 27. Juni 2022 stattgefunden. Die Fragen stellt Sabine Weber) Kunstübergreifende Blicke. Serge Dorny über seine erste Spielzeit in München weiterlesen

Helmut Lachenmanns „…Zwei Gefühle…” Und dieses Werk zweimal: aus gutem Grund!

(Helmut Lachenmann erläutert. Foto: Jukka Höhe) Die Konzertankündigung von Helmut Lachenmanns ..Zwei Gefühle…” (Musik mit Leonardo) von 1992 klingt vielversprechend. Zudem ist der  Komponist anwesend und erklärt sein komplexes Werk, das vom Ensembles ColLAB Cologne unter Susanne Blumenthal mit Begeisterung aufgeführt wird. (Von Jukka Höhe) Helmut Lachenmanns „…Zwei Gefühle…” Und dieses Werk zweimal: aus gutem Grund! weiterlesen

Sexorgien, Exorzismus und Fanatismus. Die Teufel von Loudun sind in München los!

Wie katholischer Fanatismus instrumentalisiert und zum blanken Horror wird, das verhandelt unter anderem diese 69er-Oper, vom damals noch mit verblüffend experimentellen Klängen hantierenden Krzyzstof Penderecki. Im Nachhinein ist noch verblüffender, wie der zutiefst katholische polnische Komponist so gegen die Institution der katholischen Kirche ausholen konnte. Immerhin widmet Penderecki Kardinal Karol Wojtyła ein „Te Deum“ und dem späteren Papst sogar ein „polnisches Requiem“. Aber das ist ja auch mehr als 10 Jahre später. Sexorgien, Exorzismus und Fanatismus. Die Teufel von Loudun sind in München los! weiterlesen

Das Linos Piano Trio philosophiert auf seinem Festival in der Kölner Orangerie über das Ende der Zeit!

Die Location des Linos-Festivals im Kölner Volksgarten hat von außen Vintage-Charme. Innen links geht man an einer minimalistischen Künstlergarderobe mit grauem Vorhang abgetrennt vorbei. 50 rote Polsterstühle sind im Raum in Reihen verteilt. Der zweite Festival-Abend ist ausverkauft, und vielleicht klingt der Raum deshalb akustisch so perfekt! Zeit ist das Festivalsmotto, und erst einmal rattern zum Einstieg Metronome mit- oder gegeneinander auf einem Podest, bis ihre Zeit abgelaufen ist. Dann ist Maurice Ravels „Le Tombeau de Couperin“ in Trio-Bearbeitung zu erleben. Olivier Messiaens „Quatuor pour la fin du temps“ – mit Klarinettist Han Kim als Gast – macht in seiner Wucht und Eindrücklichkeit fast betroffen. (Von Sabine Weber) Das Linos Piano Trio philosophiert auf seinem Festival in der Kölner Orangerie über das Ende der Zeit! weiterlesen

Diese Woche: Ausfall in Bonn und neu entstanden in Köln: Cantus Novus erstmals beim Romanischen Sommer!

Der ambitionierte Fokus ’33 der Bonner Oper bleibt von Corona verfolgt. Schon „Ein Feldlager in Schlesien“ wurde verschoben und verschoben, bis wenige Termine stattfinden konnten (nur drei statt sieben). „Li Tai Pe“ von Clemens von Franckenstein, dritte und letzte Produktion der Fokus ’33-Serie in dieser Spielzeit, hatte Ende Mai Premiere. Und es ist ja nur die Dernière, die ausfällt, aber wohl nicht nachgeholt wird. Schade. Denn so bleibt diese Repertoire-Entdeckung denen, die gestern vor dem geschlossenen Haus auflaufen, unentdeckt. Ebenso der chinesische Dichter Li Tai Pe aus dem 8. Jahrhundert als Titelfigur einer Oper des 20. Jahrhunderts! Mit Corona ist also weiterhin nicht zu spaßen. Bemerkenswerterweise gab es diese Woche aber auch eine Corona-Erfolgsmeldung. Ein zu Pandemiezeiten gegründeter Chor in Köln. Und Cantus Novus Köln hat, unter der Leitung von Matthias Bartsch, letzten Mittwoch seinen Einstand beim diesjährigen Romanischen Sommer in Köln gegeben! (Von Sabine Weber)

Cantus Novus Köln erstmals beim Romanischen Sommer 2022

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Melaten und Torso – ein Friedhof und ein Konzert in Köln…

Was haben die Gräber auf Melaten mit einem Sinfoniekonzert in der Philharmonie gemein? Die Gestaltung von Erinnerung und eine Kunst des vergänglichen Moments? Beides lebt und rückt nahe durch Geschichten hinter Grab , Komposition oder Komponist. In dem neuen Buch „Mein Melaten – ein persönlicher Friedhofsführer“ (Greven Verlag Köln) von der ehemaligen Dombaumeisterin Schock-Werner mit Bildern von Nina Gschlößl, geht es um Geschichten von Kölner Menschen, die auf Melaten begraben liegen. Im Programmheft zum Gürzenich-Orchester-Konzert am Abend gibt es auch Grabesstimmung. Schuberts „Unvollendete“ sei ein „Grabesgesang“. Und Anton Bruckner musste kurz vor der Vollendung seiner Neunten begraben werden. Skizzen und Papiere des fast vollendeten vierten finalen Satzes seien von Brucknerfans angeblich wie eine Leiche gefleddert und entwendet worden. Die „Neunte”, dieses Konzert, dieser Abend – endet also mit einem Adagio … (Von Sabine Weber) Melaten und Torso – ein Friedhof und ein Konzert in Köln… weiterlesen

Singer Pur führt mit erlesenem Gesang durch Weltkulturen und eröffnet in Köln den Romanischen Sommer 2022

Sicherlich ist dieses Konzert bereits ein Höhepunkt! Sankt Ursula in Bahnhofsnähe hat sowohl die richtige Atmosphäre als auch die perfekte Akustik für das in München beheimatete Sextett „Singer Pur“. Die fünf männlichen Sänger plus eine Sopranistin feiern mit ihrem Programm „Horizons“ – „Horizonte“ dieses Jahr auch ihr 30jähriges Ensemblejubiläum. Und versetzen das Publikum und den Romanischen Kirchenraum sofort in Schwingung. „Schwingen“ steht ja auch als Thema über dieser Romanischen Sommerwoche. (Von Sabine Weber) Singer Pur führt mit erlesenem Gesang durch Weltkulturen und eröffnet in Köln den Romanischen Sommer 2022 weiterlesen

Halfpipe des Grauens. In Duisburg sind Macbeth und seine Lady von Anfang an Gefangene ihrer wahnhaften Machtgier!

Schwarz-grau-gedämpft ist die Einheitsbühne von Henrik Ahr. Eine riesige Hohlkehle vorne und ein Rand drumrum das Szenario, um das sich eine Wand wie aus Eisen immer wieder wie Gefängnismauern schließt. Nebel des Grauens steigen mit den Gestalten auf, die aussehen, wie aus dem Highlander-Fantasy-Film aus den 1980ern importiert. Zerzauste Haare, blanker Oberkörper unter ärmelloser Weste, ausgeblichene Schottenröcke bis zu den Knien, schwarze Hosen und Stiefel (Kostüme: Michaela Barth). Verwahrloste Gestalten also, die ein Hexenchor mit weißen langen Haaren im Griff hat. Bei Verdi die omnipräsente Verkörperung des Bösen, dem sich die Macbeths aus Machtgier ausliefern. (Von Sabine Weber) Halfpipe des Grauens. In Duisburg sind Macbeth und seine Lady von Anfang an Gefangene ihrer wahnhaften Machtgier! weiterlesen

Brixen Classics – ein feines kleines Festival im zweiten Jahr

Sommerfestivalzeit! Und nicht nur Bayreuth, Salzburg oder Aix en Provence locken, auch kleine Festivals, wie im zweiten Jahr das Brixen Classics. Und den internationalen Zusatz „Classics” darf man im südtirolischen Bressanone durchaus mehrfach deuten. Klassische Musik zwischen „A Night at the Opera” mit Bryn Terfel und Camilla Nylund sowie Freischütz light” mit Christopher Ventris, Michael Volle und Gabriela Scherer, beides open air in der Renaissance-Hofburg Brixens une eine musikalisch umrahmte Festmesse im Barockjuwel des Klosters Neustift. Dazu das gesegnete Südtiroler Land mit seinen exzellenten Weinen und einer (nicht nur) 5-Sterne-Hotel-Kultur, auf die andere Regionen zur Recht neidisch sind. (Von Klaus Kalchschmid, Foto: Marko Paunovic) Brixen Classics – ein feines kleines Festival im zweiten Jahr weiterlesen

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