Männeroper „Billy Budd” – Gegenstück zu „Bernarda Alba”

In „Billy Budd” riecht man sehend den Schweiß der Männer! Die zweite Oper Benjamin Brittens spielt auf einem Kriegsschiff im Einsatz. Aribert Reimanns Frauentragödie „Bernarda Alba” findet in einem klaustrophobischen Haushalt in der spanischen Provinz statt. Als Gegenüberstellung hat Intendant Michael Schulz die nur mit Männern, bzw. Frauen besetzten Opern im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier in der Spielzeit 22/23 auf den Plan gesetzt. Und weder noch ist die Welt heil! (Siehe die Premieren-Besprechung von „Bernarda Alba” auf klassikfavori). Das männliche Gegenstück hatte sogar noch davor im März Premiere. Die siebente Vorstellung kurz vor Saisonende wird endlich besucht. Was für ein Glück. Denn die Männer liefern ebenfalls höchstes Niveau und ein Highlight der Saison. Michael Schulz hat sie in Szene gesetzt. (Von Sabine Weber) Männeroper „Billy Budd” – Gegenstück zu „Bernarda Alba” weiterlesen

Musikfestspiele Potsdam Sanssouci – Dorothee Oberlinger über den Genius loci und Ihre künstlerische Leitung

Es gibt keinen schöneren Ort als Potsdam!, meint Dorothee Oberlinger, Blockflötistin, Dirigentin, Professorin am Salzburger Mozarteum. Und seit 2019 Intendantin, beziehungsweise künstlerische Leiterin an diesem Ort mit den vielen bedeutenden Örtlichkeiten, die es mit Musik zu füllen gilt. Seit dem 9. Juni haben die Musikfestspiele ihre Tore geöffnet, und noch bis zum 25. Juni. Potsdam Sanssouci führen die Musikfestspiele im Titel. Wenn dieses Jahr im berühmten Sanssouci selbst keine Konzerte stattfanden, so in nicht minder architetkonischen Juwelen neben, an oder in Kirchen aus der Zeit Friedrichs II. und seiner könig- und kaiserlichen Nachfolger, die in weiteren Parkanlagen ihre Schlösser bauten. Sabine Weber hat Dorothee Oberlinger letzten Samstag zum Genius loci, und natürlich den zwei Barockpern befragt, die zu dem Zeitpunkt gelaufen sind. Im besonderen zu Andrea Bernasconis „L’Huomo”. Denn diese Produktion lag in ihren Händen. (Das Gespräch hat am 17. Juni 2023 im Caffe Ricciotti in Potsdam stattgefunden) Musikfestspiele Potsdam Sanssouci – Dorothee Oberlinger über den Genius loci und Ihre künstlerische Leitung weiterlesen

Die Player Orgel brodelt in St. Aposteln, Voces Suave formt Gesangslinien zu berührenden Klängen mit Kraftsprüchlein von Hermann Schein

Der vierte Tag beim Romanischen Sommer in Köln bringt Höhepunkte, die nicht unterschiedlicher sein können. Eine Neukomposition für Midi-gesteuerte Orgel in St. Aposteln lässt die modernen Fresken beben. Der frühbarocke Ensemblegesang von Voces Suave trifft im Westwerk von St. Pantaleon auf eine geradezu perfekte Akustik und lädt zu einer besonderen Einkehr ein. (Von Sabine Weber) Die Player Orgel brodelt in St. Aposteln, Voces Suave formt Gesangslinien zu berührenden Klängen mit Kraftsprüchlein von Hermann Schein weiterlesen

Strahlende Gesangslinien – Josquin Capella eröffnet den Romanischen Sommer in Köln mit Musik aus der Cappella Sistina

Der Romanische Sommer in Köln ist seit seiner Gründung 1988 einzigartig geblieben, füllt das Festival doch die Romanischen Kirchen mit Musik und verschmilzt so Raum, Zeit und Klang zu Gesamtkunstwerken. Das Auftaktkonzert mit der Josquin Capella unter Meinolf Brüser berauscht mit Renaissance-Gesang, der schon die Sixtinische Kapelle „erleuchtet“ hat. In Sankt Ursula sieht die Kirchenheilige umringt von ihren Jungfrauen auf einem Chorraumfenster zu. (Von Sabine Weber) Strahlende Gesangslinien – Josquin Capella eröffnet den Romanischen Sommer in Köln mit Musik aus der Cappella Sistina weiterlesen

Gefährlich! – Schrekers „Singender Teufel“ in Bonn!

Orgelklänge sind natürlich nicht so gefährlich wie die Atombombe! Doch Amandus ringt um die Fertigstellung einer Orgel, als ginge es um das Überleben der Menschheit. Schon sein Vater ist über den Orgelbau dem Wahnsinn verfallen und sogar als Ketzer verbrannt worden. Die unter Gefahr im Verzug fertiggestellte Orgel wird dann auch als Kampfmittel eingesetzt. Ihre Klänge helfen, eine Spezies zu paralysieren und auszulöschen. Das und mehr erzählt Franz Schreker in dem „Singenden Teufel“ von 1928. Der Bonner Fokus ’33 entdeckt das vergessene Spätwerk in seiner aktuellen Produktion und bringt es in einer Regie auf die Bühne, die der hybriden Story beikommt. (Von Sabine Weber) Gefährlich! – Schrekers „Singender Teufel“ in Bonn! weiterlesen

„Schlussvorhang”! Ein Gedenkkonzert an der Kölner Oper als Rahmen für Michael Hampes postum erschienenes Buch

20 Jahre sind fast ein Rekord. Nur Julius Hofmann hat es als Intendant an der Oper Köln (1881-1903) zwei Jahre länger ausgehalten als Michael Hampe (1975-1995). Der Schauspieler, Regisseur, Hochschullehrer und Mitglied des Salzburger Festspieldirektoriums sorgt an der Kölner Oper für nie dagewesenes internationales Renommee. Gastspiele werden zu Exportschlagern. Dafür modelt er die Gewohnheiten des Repertoirehauses ein bisschen zum En-Suite-Betrieb, einem modifizierten Stagione-Betrieb, um, führt ein Containersystem ein, sodass bei laufender Produktion Requisiten auch mal vor Ort gelagert werden, zudem sofort zum Gastspiel weiter verschickt werden können. für dicht aufeinander folgende Aufführungen einer Produktion können Stars nach Köln verpflichtet werden, ein nicht zu unterschätzender Faktor. Zudem wird all zu viel Umbau auf der Hauptbühne, reduziert die dann für einen Tag blockiert bleibt was künstlerische Unproduktivität bedeutet. Und dann die 102 Prozentbelegung! Auch eine Idee Hampes. Wer unverhofft seine Karte nicht braucht, spendet sie, bekommt eine Spendenquittung, und der ansonsten leer gebliebene Platz wird nochmals verkauft! „Dat Hampe“, so der legendäre Kulturdezernent Kurt Hackenberg, ist für Köln eine win-win-Situation gewesen. Und natürlich ist das Kapitel über Köln das spannendste in seinem neuen Buch. Auch wenn man in denen über seine Regisseur-Vorbilder und Bühnenbildner, viel Interessantes aus der Inszenierungsgeschichte überhaupt erfährt. (Von Sabine Weber)

Herausgegeben und mit einem Nachwort von Michael Wienand.
Eine Publikation des Kölner Wienand Verlags im Alexander Verlag Berlin 2022, 216 Seiten

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Jules Massenets Grand Opéra „Hérodiade” spielt Regisseur Lorenzo Fioronis mit bildgewaltiger Ironie aus!

Jules Massenets „Hérodiade” geht derzeit mit großen Gesangspartien, gewaltigen Chören und einer beeindruckenden Bildregie über die Bühne der Oper am Rhein in Düsseldorf . Regisseur Lorenzo Fioroni bricht diese selten zu erlebende Grande Opéra mit Ironie. Der römische General Vitellius tritt als wilhelminischer Zinnsoldat auf und bedroht das jüdische Volk mit gigantisch aufgeblasenen Kanonenkugeln. Haremsdamen präsentieren sich im Gruppenbild mit Herr. Das männliche Volk trägt Zylinder oder Tropenhelm. Kostümbildnerin Katharina Gault hat üppige Reifrockroben des 19. Jahrhunderts in weiß oder rosée, mint oder zitronengelb für die Damen geschneidert. Die Bilder kommen Collage-artig bis in die Jetztzeit. Der Chor stellt dann Wüstentouristen dar, die ein Verhör wie eine Veranstaltung fotografieren. Christian Weissenberger hat Videos in Paris, auf Montmartre, im Moulin Rouge oder im berühmten Train-bleu-Restaurant in der Gare de Lyon gedreht. Alles für einen „sakral getönten Exotisumus” (Ulrich Schreiber) in rauschend-romantisch-französischem Musikbett, für das die Düsseldorfer Symphoniker unter Sébastien Rouland zur Hochform auflaufen. Premiere war am 27. Mai. Und zur zweiten Aufführung am 4. Juni haben sich der Klassikfavori-Opernexperte Klaus Kalchschmid und Sabine Weber getroffen und am Düsseldorfer Hauptbahnhof mit den Hintergrundgeräuschen für das podcast favori ein Gespräch geführt.
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Kaija Saariaho ist im Alter von 70 Jahren einem Krebsleiden erlegen

(Titelbild mit Kaija Saariaho und Camilla Hoitenga. Foto: Hoitenga) Am 2. Juni ist Kaija Saariaho einem Krebsleiden erlegen. Die finnische Komponistin hat sich mit Opern eine Namen gemacht. Die Kölner Produktion von L‘amour de loin“ hat klassikfavori besprochen. Zur Aufführung von „Only the sound remains“ an der Opéra Garnier – vor fünf Jahren – hat Sabine Weber Kaija Saariaho in der Rue d’Amsterdam in Paris besucht. Es ging da auch um das Komponieren und Ihre Ästhetik. (Von Sabine Weber)

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Manchmal findet uns das Buch! In meinem Fall ein Buch über 400 Jahre Musiktheater in Köln!

Das ist die ungewöhnlichste Buchfindung in meinem Regal. Auf dem Weg zum Supermarkt, an einer Straßenecke, steht ein Karton mit Büchern. Einfach so abgestellt. Das ist in Köln inzwischen Usus. Aussortiertes wird nicht weggeworfen, sondern zum Mitnehmen rausgestellt. Meist Plunder. Die Bücher sind aber liebevoll im Karton angeordnet, scheinen zu „warten“, und ziehen meine Hand magisch an. Eins ziehe ich dann ganz heraus. Beige-zitronengelber Einband – das Bild eines engelhaft in den Himmel blickenden Ritters, umringt von nackten Damen… (Von Sabine Weber)

Carl H. Hiller, Vom Quatermarkt zum Offenbachplatz.
400 Jahre Musiktheater in Köln, Verlag J.P. Bachem, Köln 1986

Das ist der „Chevalier De Fleur“, mit dem die Kölner Oper ihre „Parsifal“-Premiere 1983 bewirbt. Das Buch erscheint drei Jahre später, 1986. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie 400 Jahre Musiktheater – laut Titel – in Köln zusammen kommen können, nehme ich das Buch mit. Zuhause schlage ich sofort das letzte Kapitel auf, das die Kölner Intendanz Michael Hampes (letzten November in Zürich verstorben) von 1975 bis 1983 belichtet. Insgesamt 20 sensationelle Jahre bis 1995 dauert sie an. Das Buch kommt 1986 heraus. Manchmal findet uns das Buch! In meinem Fall ein Buch über 400 Jahre Musiktheater in Köln! weiterlesen