Archiv der Kategorie: Oper

Wie sag’ ich’s Ihr? Joseph Bolognes „L’amant anonyme“ bekommt in Essen „Unerwartete Wendungen“!

„Schwarzer Mozart“ wurde Joseph Bologne de Saint-Georges seiner dunklen Hautfarbe wegen genannt. Sohn eines ausgedienten Musketiers und einer schwarzen Sklavin, konnte er den Geigenbogen ebenso brillant wie den Degen führen. Er hat in der französischen Nationalgarde die junge Republik verteidigt und wäre dennoch fast auf dem Schafott gelandet. Sechs Opern hat er komponiert. Eine, „L’amant anonyme“, ist komplett überliefert. Am Aalto in Essen wird diese „Comédie mêlée en deux actes“ wiederentdeckt und bekommt „Unerwartete Wendungen“: Neue Musik, ein „Seniorinnenquartett“, zwei Zuschauer, zwei „Spoken Word Artists“ und „Street-Dancers“! Es geht erstaunlich gut! (Von Sabine Weber)
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Kurtágs Beckett-Oper „Fin de Partie“ – genial umgesetzt in Dortmund

Wer die szenisch eher langweilige Uraufführungs-Regie von „Fin de Partie” in Mailand gesehen hat, wird erstaunt sein, was Regisseur Ingo Kerkhof für Dortmund mit Kurtágs Beckett-Oper entfesselt. Das Publikum durchlebt das „Endspiel“, so der ins Deutsche übersetzte Titel, der vier versehrten Alten in Schicksalsgemeinschaft hautnah auf der Bühne sitzend. Die Dortmunder Philharmoniker bringen Kurtágs detail- und farbversessene, auf kammermusikalisch in neuen Instrumentenkombinationen setzende Partitur wie sprechend zum Klingen. Sodass unter der Leitung von Johannes Kalitzke ein Gesamtsprachklang entsteht, der der Genialität von Kurtágs Opus magnum in allem gerecht wird! (Von Sabine Weber) Kurtágs Beckett-Oper „Fin de Partie“ – genial umgesetzt in Dortmund weiterlesen

Thalheimers „Eugen Onegin“ – im abstrakten Raum pur!

Peter Tschaikowskys „Eugen Onegin“ um 1878 komponiert, ist ein Gesellschafts und Personendrama aus dem 19. Jahrhundert und basiert auf Alexander Puschkin. Nach 20 Jahren hat die Oper jetzt wieder auf die Bühne der Düsseldorfer Oper am Rhein gefunden. Die Regie von Michael Thalheimer verzichtet auf Folklore und pointiert das höchstmenschliche Drama zweier Paare in einem abstrakten Raum! Faszinierend! Denn wir saßen für Sie in der Premiere, gestern, Sonntag, den 25. Februar 2024, und Klaus Kalchschmid beantwortet wie immer ein paar Fragen, die in diesem podcast favori „Die Oper der Woche“ nachzuhören sind. (Die Fragen stellt Sabine Weber) Thalheimers „Eugen Onegin“ – im abstrakten Raum pur! weiterlesen

Rossinis Esprit fegt in Aachen formidable über die Bühne und durchs Publikum!

Gioacchino Rossinis „Il Viaggio a Reims“ ist schon jetzt der Renner am Theater Aachen 2024! Die Inszenierung von Michiel Dijkema transferiert die auf dem Weg zur Krönung des letzten Königs der Franzosen (1824) gestrandeten Adligen aus aller Herren Landsitze ins hier und jetzt eines Baustellenchaos. Auch den Stau und die Straßensperrung – das Bühnenbild – hat er geschaffen. Diese „Viaggio” versetzt – sehr komisch – Arbeitsverweigerer an Baustellen, an denen, einmal eingerichtet, nichts passiert, mächtig in  Wallung. Mit Charme und Witz kleidet Kostümbildnerin Jula Reindell ein. (Von Sabine Weber) Rossinis Esprit fegt in Aachen formidable über die Bühne und durchs Publikum! weiterlesen

Bertins „Fausto“. Der Geniestreich einer französischen Komponistin erlebt am Aalto die Deutsche Erstaufführung

Die erste französische Faust-Oper kommt nicht von Berlioz oder Gounod. Eine fünfundzwanzigjährige Komponistin entwirft sie mit einem eigenen Libretto, und lässt komische, kuriose und dramatische Settings über die Bühne gehen, Szenen mit Solisten und Chor, Ensembles und Instrumentales aus dem Graben, die ein außerordentliches Talent verraten. Nicht auszudenken, was Louise Bertin noch geliefert hätte, wäre sie nicht in Paris so dermaßen von den französischen Patriarchen ausgebremst worden. Das Aalto verbucht die Deutsche Erstaufführung ihrer dritten Oper. (Von Sabine Weber) Bertins „Fausto“. Der Geniestreich einer französischen Komponistin erlebt am Aalto die Deutsche Erstaufführung weiterlesen

François-Xavier Roth bringt die Kölner Philharmonie mit Bernd Alois Zimmermanns „Soldaten“ in begeisterten Ausnahmezustand!

FXR und BAZs Soldaten! FXR, so wird Dirigent Roth intern hier abgekürzt, triumphiert sogar mit BAZ – das sind die Kürzel des berühmten Kölner Nachkriegs-Avandgarde-Komponisten Bernd Alois Zimmermann! Das muss ihm mal jemand nachmachen. Schon 2018 ist an der Kölner Oper unter seiner Leitung das bei der Kölner Uraufführung 1965 noch unvollständige, weil als unaufführbar abgestempelte Opus magnum Zimmermanns auf historischem Niveau Gerechtigkeit widerfahren. Damals, in der Interimsstätte im Staatenhaus, hat Fura dels Baus sogar versucht, BAZs Idee der „Kugelgestalt der Zeit“ zu entsprechen und hat die Simultanszenen im Gestern, Heute und Morgen auf eine 360° Grad Bühne gebracht. Jetzt, fünf Jahre später, wird vor allem musikalisch getoppt. In der Minimalregie von Calixto Bieito agieren auch dieselben Solisten wie damals. Auswendig! (Von Sabine Weber) François-Xavier Roth bringt die Kölner Philharmonie mit Bernd Alois Zimmermanns „Soldaten“ in begeisterten Ausnahmezustand! weiterlesen

Die erste szenische Wiederaufführung seit der Uraufführung! Dortmund rehabilitiert mit „La Montagne Noire“ Augusta Holmès als romantische Klangkünstlerin

(13. Januar 2024, Oper Dortmund) Die Oper Dortmund darf sogar ein bisschen von Uraufführung sprechen! Bei der Uraufführung 1895 in Paris war der vierte Akt nämlich am Ende zusammengestrichen und einiger großartiger Musik beraubt. Erstmals seitdem ist „Montagne Noire“ – übersetzt „Der schwarze Berg“ – derzeit in Dortmund zu erleben. Und bei der Premiere saßen auch Franzosen im Publikum. (Von Sabine Weber) Die erste szenische Wiederaufführung seit der Uraufführung! Dortmund rehabilitiert mit „La Montagne Noire“ Augusta Holmès als romantische Klangkünstlerin weiterlesen

Immer wieder traumhaft schön – eine seit 1968 liebevoll gepflegte Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper von „La Bohème”

„La Bohème“ ist mehr noch als „Hänsel und Gretel“ die perfekte Oper für die Advents- und Weihnachtszeit. Das zweite Bild spielt an Heilig Abend im Pariser Quartier Latin und in der Szenenanweisung für das dritte Bild heißt es: „Überall liegt Schnee“. Der fällt natürlich auch in der seit 1968 liebevoll gepflegten Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper von Otto Schenk in der malerischen Ausstattung von Rudolf Heinrich. Seit mehr als einem halben Jahrhundert verzaubert sie Jung und Alt. Als 13-Jähriger erlebte man diese „Bohème“ 1975 zum ersten Mal. Später durfte man dabei sein, als Carlos Kleiber einen Abend mit Luciano Pavarotti und Mirella Freni dirigierte, zuletzt konnte man 2009 Anna Netrebko und Joseph Calleja im Münchner Nationaltheater als Mimì und Rodolfo hören. (Von Klaus Kalchschmid)
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Brillante Spaßszenen im Breughelland – der Untergangsprophet als Narr richtet in Barkhatovs Frankfurter „Grand Macabre“ da wenig aus!

In eingeblendeten Fernsehnachrichten aus aller Welt wird vor dem Einschlag eines riesigen Kometen gewarnt. Der Vorhang hebt sich und das Publikum lacht. Denn auf der Bühne ist eine Karambolage auf einer Autobahnauffahrt ins Bild gesetzt. Auf der Flucht und ausgebremst. Grell gelbes „Yellow Cab“ vorne, silbernes Coupé daneben, ein Wohnmobil hinten, und weitere Karossen ineinander verkeilt. Oben auf der Brückenüberführung hängt sogar ein originaler Polizeiwagen in der Leitplanke! Großartig gemacht von Bühnenbildner Zinovy Margolin. Die Einleitungstoccata von György Ligeti zu seinem „Grand Macabre“ hat ihr Bild. Denn ein wildes Hupkonzert hat Ligeti da hinein komponiert. Vasily Barkhatov verordnet dem Weltuntergangspektakel im fiktionalen Breughelland das Hier und Jetzt. Ob das in allem so aufgeht? (Von Sabine Weber) Brillante Spaßszenen im Breughelland – der Untergangsprophet als Narr richtet in Barkhatovs Frankfurter „Grand Macabre“ da wenig aus! weiterlesen