Alle Beiträge von Sabine Weber

Jules Massenets Grand Opéra „Hérodiade” spielt Regisseur Lorenzo Fioronis mit bildgewaltiger Ironie aus!

Jules Massenets „Hérodiade” geht derzeit mit großen Gesangspartien, gewaltigen Chören und einer beeindruckenden Bildregie über die Bühne der Oper am Rhein in Düsseldorf . Regisseur Lorenzo Fioroni bricht diese selten zu erlebende Grande Opéra mit Ironie. Der römische General Vitellius tritt als wilhelminischer Zinnsoldat auf und bedroht das jüdische Volk mit gigantisch aufgeblasenen Kanonenkugeln. Haremsdamen präsentieren sich im Gruppenbild mit Herr. Das männliche Volk trägt Zylinder oder Tropenhelm. Kostümbildnerin Katharina Gault hat üppige Reifrockroben des 19. Jahrhunderts in weiß oder rosée, mint oder zitronengelb für die Damen geschneidert. Die Bilder kommen Collage-artig bis in die Jetztzeit. Der Chor stellt dann Wüstentouristen dar, die ein Verhör wie eine Veranstaltung fotografieren. Christian Weissenberger hat Videos in Paris, auf Montmartre, im Moulin Rouge oder im berühmten Train-bleu-Restaurant in der Gare de Lyon gedreht. Alles für einen „sakral getönten Exotisumus” (Ulrich Schreiber) in rauschend-romantisch-französischem Musikbett, für das die Düsseldorfer Symphoniker unter Sébastien Rouland zur Hochform auflaufen. Premiere war am 27. Mai. Und zur zweiten Aufführung am 4. Juni haben sich der Klassikfavori-Opernexperte Klaus Kalchschmid und Sabine Weber getroffen und am Düsseldorfer Hauptbahnhof mit den Hintergrundgeräuschen für das podcast favori ein Gespräch geführt.

Chor und Extrachor der Oper am Rhein, Sèbastein Guèze (Jean/ Jochanaan). Foto: Hans Jörg Michel

 

 

Luke Stoker (Phanael), Lotte Zuther (Salomé), Sébastien Gèze (Jean/ Jochanaan), Valentin Ruckebier (Hohepriester), Bogdan Baciu (Hérode), Ramona Zaharia (Hérodiade), Statisterie.
Foto: Hans Jörg Michel

 

Kaija Saariaho ist gestorben. Im Alter von 70 Jahren ist sie einem Krebsleiden erlegen

Am 2. Juni ist Kaija Saariaho in Paris im Alter von 70 Jahren einem Krebsleiden erlegen. Die finnische Komponistin hat sich vor allem mit Opern eine Namen gemacht. Die Kölner Produktion von L‘amour de loin“ hat klassikfavori besprochen. Zur Aufführung von „Only the sound remains“ an der Opéra Garnier – vor fünf Jahren – hat Sabine Weber Kaija Saariaho in der Rue d’Amsterdam in Paris besucht. Und es ging um die aktuelle Oper, aber auch um das Komponieren und Ihre Ästhetik.

KaijaSaariaho. Foto: Maarit Kytöharju

Kaija Saariaho ist gestorben. Im Alter von 70 Jahren ist sie einem Krebsleiden erlegen weiterlesen

Manchmal findet uns das Buch! In meinem Fall ein Buch über 400 Jahre Musiktheater in Köln!

Das ist die ungewöhnlichste Buchfindung in meinem Regal. Auf dem Weg zum Supermarkt, an einer Straßenecke, steht ein Karton mit Büchern. Einfach so abgestellt. Das ist in Köln inzwischen Usus. Aussortiertes wird nicht weggeworfen, sondern zum Mitnehmen rausgestellt. Meist Plunder. Die Bücher sind aber liebevoll im Karton angeordnet, scheinen zu „warten“, und ziehen meine Hand magisch an. Eins ziehe ich dann ganz heraus. Beige-zitronengelber Einband – das Bild eines engelhaft in den Himmel blickenden Ritters, umringt von nackten Damen… (Von Sabine Weber)

Carl H. Hiller, Vom Quatermarkt zum Offenbachplatz.
400 Jahre Musiktheater in Köln, Verlag J.P. Bachem, Köln 1986

Das ist der „Chevalier De Fleur“, mit dem die Kölner Oper ihre „Parsifal“-Premiere 1983 bewirbt. Das Buch erscheint drei Jahre später, 1986. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie 400 Jahre Musiktheater – laut Titel – in Köln zusammen kommen können, nehme ich das Buch mit. Zuhause schlage ich sofort das letzte Kapitel auf, das die Kölner Intendanz Michael Hampes (letzten November in Zürich verstorben) von 1975 bis 1983 belichtet. Insgesamt 20 sensationelle Jahre bis 1995 dauert sie an. Das Buch kommt 1986 heraus. Manchmal findet uns das Buch! In meinem Fall ein Buch über 400 Jahre Musiktheater in Köln! weiterlesen

Saint-Saëns Grand Opera „Henry VIII” in Brüssel mit viel Spektakel aber verdammt gut!

Endlich mal wieder ein klassikfavori podcast. Oper der Woche! mit Klaus Kalchschmid und Sabine Weber über die Entdeckung von Camille Saint-Saëns Grand Opera „Henry VIII” im La Monnaie in Brüssel. Viel Spektakel (Regie: Olivier Py;  Bühne und Kostüme: Pierre-André Weitz; Choreografie. Ivo Bauchiero) aber verdammt gut!
Marie-Adeline Henry (Katharina von Aragon), Nora Gubisch (Anna Boleyn), Statist, Llionel Lhote (Henry VIII.) Foto: Baus/ La Monnaie

Das Gespräch haben wir am 18. Mai 2023 aufgezeichnet. Aufführungen in Brüssel am La Monnaie gibt es heute, den 18. Mai.
Am 21./ 25. und 27. Mai ist Henry VIII in Brüssel außerdem noch einmal zu erleben. Außerdem über Operavision zu streamen

Die Französische Erstaufführung von Paderewskis „Manru“ in deutscher Sprache füllt in Nancy das Haus!

Diese Repertoire-Entdeckung beschert der Opéra Lorraine in Nancy auch bei der dritten Aufführung wieder ein volles Haus. Und es hat Vorteile, in der zweiten Runde einer internationalen Koproduktion, hier mit der Oper Halle (Premiere am 21. März 2022), am Ball zu sein. Die junge Regisseurin Katharina Kastening nutzt den zweiten Anlauf und intensiviert ihre Personenregie. Hier steht ihr auch ein hoch motiviertes, nur für diese Produktion zusammen gekommenes Ensemble zur Verfügung. Anders als an einem Repertoirehaus sind die Solisten durch keine Zwischenengagements abgelenkt. Im letzten Akt bekommt die instrumentale Traumszene von Manru zudem ein neues Lichtschattenspiel, das die Dämonen der Titelfigur auf den Plan ruft! Das ist völlig neu! (Von Sabine Weber) Die Französische Erstaufführung von Paderewskis „Manru“ in deutscher Sprache füllt in Nancy das Haus! weiterlesen

Erdrückend gut! Reimanns Garcìa Lorcà „Bernarda Alba“ feiert in Gelsenkirchen Premiere!

Das Musiktheater im Revier bringt Aribert Reimanns „Bernarda Alba“ nach 20 Jahren erstmals wieder auf eine europäische Bühne. Und mit Erfolg. Die Regie von Hilsdorf konzentriert sich auf die menschlichen Konflikte, die eine grausam despotische Witwe unter ihren fünf charakterlich völlig unterschiedlichen Töchtern auslöst. Ein grandios besetztes Solistenensemble macht die Verzweiflung der einzelnen hautnah erlebbar. Dirigent Johannes Harneit, selbst Komponist und Spezialist für neue Musik, katapultiert Reimanns gewöhnungsbedürftige Klänge impulsiv aus dem Graben, um die psychotischen Zustände am Rande der Verzweiflung zu begleiten. Es ist ein hartes, aber faszinierendes Stück und löst in der Premiere großen Jubel aus. Zu Recht! (Von Sabine Weber) Erdrückend gut! Reimanns Garcìa Lorcà „Bernarda Alba“ feiert in Gelsenkirchen Premiere! weiterlesen

Acht Brücken | „Lessons in Love and Violence“ semi-konzertant in der Kölner Philharmonie

Für 2020 war die Aufführung im Kölner Philharmonieplan bereits vorgesehen und kommt jetzt mit dem Mahler Chamber Orchestra unter der Leitung des Komponisten George Benjamin im Rahmen einer Tournee bei Acht Brücken unter. Mit dem Festivalthema „Musik oder Nichts“ hat diese dritte Oper Benjamins vielleicht weniger zu tun, ist aber musikalisch wie szenisch auf der reduzierten Podiumsbühne vor Orchestermusikern eine eindrückliche Lektion über Liebe und Gewalt, zumal unter der Stabführung Sir Georges. (Von Sabine Weber) Acht Brücken | „Lessons in Love and Violence“ semi-konzertant in der Kölner Philharmonie weiterlesen

„Acht Brücken | (Neue) Musik für Köln” in der Philharmonie mit dem WDR Sinfonieorchester fulminant eröffnet

(Beim Betreten der Philharmonie! Foto: Sabine Weber) Im Eröffnungskonzert der 13. Ausgabe bietet das WDR Sinfonieorchester unter Cristian Măcelaru in der ersten Hälfte in die Jahre gekommene Moderne. Aber György Ligetis „Clocks and Clouds“(1972/3) mit Frauenchor (Frauen des WDR Rundfunkchores) und „Atmosphères“ für gigantisches Orchester (1961) – Ligetis 100. Geburtstag wird in diesem Jahr gefeiert –  sowie Claude Viviers „Orion“ (1979) mit noch mehr Schlag-Klangwerk, wirken unerhört frisch und sogar aufregend modern im Vergleich zu dem postromantischen Violinkonzert von Mark Simpson (*1988), das nach der Pause uraufgeführt wird. Der Brite lässt vor allem die Solistin arbeiten. Und hat gute Aktien, denn Nicola Benedetti liefert eine beeindruckende Performance, die trotz einigen Leerlaufs mitreißt. (Von Sabine Weber) „Acht Brücken | (Neue) Musik für Köln” in der Philharmonie mit dem WDR Sinfonieorchester fulminant eröffnet weiterlesen

Korngolds „Die tote Stadt“ gebiert in Düsseldorf Wiedergänger!

Titelbild: Corby Welsh (Paul) und Nadja Stefanoff (Marietta). Foto: Sandra Then. „Die tote Stadt“ von Erich Wolfgang Korngold ist Brügge. Dieser hübschen mittelalterlichen Backsteinstadt mit engen Gasen und Kanälen hat Georges Rodenbach in seinem symbolistischen Roman „Bruge-la-Morte“, 1903 ins Deutsche übersetzt, die morbide Atmosphäre eingeschrieben. Korngold nutzt sie für ein Portrait des Fin du siècle mit berauschender zugleich subkutan bedrohlicher Musik, die mit Regisseur Daniel Kramer sogar Tote leibhaftig werden lässt. (Von Sabine Weber) Korngolds „Die tote Stadt“ gebiert in Düsseldorf Wiedergänger! weiterlesen

Senta erfährt ein neues Schicksal – Im Kölner Holländer!

Senta (Ingela Brimberg) geistert auf der Schiffsbrücke und versucht sich zu erinnern. „Und schon kommen sie mir entgegen, die mich damals kannten…“, tönt eine Geisterstimme in den Raum. Senta hat also ihre Begegnung mit dem Holländer überlebt! Damals. Die Oper ist Erinnerung. Und die setzt ein, wenn mit dem Quart-Quint-Signal der Hörner das Vorspiel beginnt! (Von Sabine Weber) Senta erfährt ein neues Schicksal – Im Kölner Holländer! weiterlesen