Metropolis in Fullsize in der Kölner Philharmonie – so gut wie zwei Mal Bruckner?

(Aus der nachkolorierten Fassung, der Giorgio Moroder 1984 Diskobeats unterlegt hat. Foto: Filmmuseum Berlin) Seit Jahren basteln François-Xavier Roth und sein Kölner Gürzenich-Orchester daran, den Stummfilm Metropolis von Fritz Lang in Fullversion zu der Orchesterversion Fullsize des argentinisch-französischen Komponisten Martin Matalon in die Kölner Philharmonie zu bringen. Trotz Corona ist der Traum jetzt wahr geworden. Mit ergänzten Filmfunden von 2002 aus den USA und 2008 aus einem Filmarchiv in Buenos Aires dauert er stolze zweieinhalb Stunden. Für die Szenen hat Matalon Beats, Geräusche und Elektroniksounds aus dem Pariser IRCAM dem Orchester zugemischt, und untermalt das beredte hochdramatische Schwarz-weiß-Schweigen mit Musik, die den Spannungsgrad von Lalo Schifrins Sound bei der Autoverfolgungsjagd in „Bullit“ erreicht. (Von Sabine Weber) Metropolis in Fullsize in der Kölner Philharmonie – so gut wie zwei Mal Bruckner? weiterlesen

Nochmals Neuenfels – ein Interview, das vor 14 Jahren stattfand …

Hans Neuenfels portraitiert von Oliver Mark, Berlin 2006. Foto: Wikicommons

Der Klassikfavori-Nachruf auf diesen Kultregisseur hat das Interview versprochen. Hans Neuenfels inszenierte damals den Tannhäuser in Essen. Und  nahm sich Zeit für ein ausführliches Gespräch: über seinen Beruf, die Haltung einer Inszenierung, die Hinterfragung von Begriffen in den 68ern, die Sehnsucht nach kindlicher Ordnung, über seine Penthesilea in Basel, seine Aida in Frankfurt, die ihm sechs Jahre Berufsverbot eintrugen, das Telefonat über die Absetzung seiner drei Jahre alten Idomeneo-Inszenierung, das ihn beim Rasenmähen erreichte und Merkels Machtwort, seine Bewunderung für Mozart, seine Annäherung an Wagner… Es ist lang, aber wer sich in Neuenfels knarzigen Tonfall einhört, das Klicken des Feuerzeuges ist unüberhörbar, der bekommt wunderbare Antworten und Ansichten mitgeteilt. (Das Gespräch fand am 28. März 2008 nach einer Probe in den Hinterzimmern im Aalto-Theater statt. Die Fragen stellt Sabine Weber)
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Warten auf heute! Mit Schönberg und Frank Martin

Arnold Schönbergs „Von heute auf morgen“ wird selten gespielt. Die streng zwölftönige Musik des einstündigen Einakters von 1929 ist für alle Beteiligten anspruchsvoll und kann extrem herb klingen. Wenn man nicht jedes Wort versteht, verpufft außerdem der Witz des Librettos, das Schönbergs Frau Gertrud unter dem Pseudonym Max Blonda verfasst hat.In Frankfurt wird ein Ehekrisenkaleidoskop angestoßen und mit immer neuen Perspektiven aus dem Monodram „Erwartung“ – ebenfalls von Schönberg – und den „Jedermann“-Monologen von Frank Martin weitergesponnen. „Warten auf heute“ – steht über dem Abend. (Von Klaus Kalchschmid)

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Hans Neuenfels – Nachruf auf einen genialen Vertreter modernen Regietheaters

(Titebild: Hans Neuenfels portraitiert von Oliver Mark, Berlin 2006. Wikicommons)

Er galt als heftig, hochfahrend, pathetisch, zerrissen, exzentrisch und verletzlich. Regisseur Hans Neuenfels sei der letzte Protagonist des Achtundsechziger Theaters. Mit Dauerzigarette in der Hand und knarziger Stimme verteidigte er seine Ansichten. Sein Name war ein Synonym für gepriesenes wie verschmähtes Regietheater. Seit über 50 Jahren haben seine provokanten Inszenierungen Theatergeschichte geschrieben. Am Sonntag, den 6. Februar, ist er 80jährig in Berlin verstorben. (Von Klaus Kalchschmid und Sabine Weber) Hans Neuenfels – Nachruf auf einen genialen Vertreter modernen Regietheaters weiterlesen

Wer ein sagt muss auch aus sagen! gamut inc‘s robot-opera wirft mit einem Theaterstück von Čapek Fragen über das Mensch-sein von Maschinen auf

Der tschechische Autor Karel Čapek ist Literatur- und Theaterkennern ein Begriff. Von ihm stammt „Die Sache Makropulos“, die sich, von Leoš Janáček vertont, bis heute zumindest in Opernform präsent hält. Čapeks Kollektivdrama „Rossum`s Universal Robots“ ist übrigens im selben Jahr wie Makropulos, 1921, am Prager Nationaltheater über die Bühne gegangen. Beide Theaterstücke sind gefeiert worden. Jetzt bekommt „R.U.R.“ – eine Abkürzung für „Rossum‘s Universal Robots“ – eine Opernverarbeitung posthum. „robot-opera“ heißt das neue Musiktheater, was wohl darauf anspielen soll, dass Maschinen auch musikalisch mitwirken. Die Designerin und Computermusikerin Marion Wörle bildet zusammen mit dem Komponisten Maciej Śledziecki den Kern von gamut inc. Auf ein Libretto von Frank Witzel haben sie für zwei Solisten, Chor und – natürlich – Musikmaschinen komponiert, inszeniert und Lichtregie geführt. Sieben rotierende Scheiben, nachgebildet nach einem Wsewolod Meyerhold‘schen antirealistischen Experiment, bestimmen das Bühnenbild. (Von Sabine Weber) Wer ein sagt muss auch aus sagen! gamut inc‘s robot-opera wirft mit einem Theaterstück von Čapek Fragen über das Mensch-sein von Maschinen auf weiterlesen

Puccinis Trittico – im Wasser traumatischer Erfahrungen

Richard Strauss verglich Giacomo Puccinis Werk „mit einer delikaten Weißwurst“, die schnell verzehrt werden müsse. Im Gegensatz zu der „kompakt gearbeiteten Salami“ – seine Werke –, die eben doch ein bisschen länger vorhalten würden. Bezüglich des Verfallsdatums hat sich Strauss bei Puccini aus heutiger Sicht eindeutig verschätzt. In den drei Einaktern von 1919, seinem vorletzten Opernprojekt, verfolgte er sogar einen neuen novellistischen Ansatz. Dies anzuerkennen muss man freilich den Puccininischen Wohllaut ertragen können, diese unvergleichliche Mischung aus Sentiment und Pathos. Die Regie von Roland Schwab am Essener Aalto-Theater versucht modern gedacht eine traumatische Spur zu legen. (Von Sabine Weber) Puccinis Trittico – im Wasser traumatischer Erfahrungen weiterlesen

Kosky inszeniert „Das Schlaue Füchslein“ in München – ohne Tiertheater

Leoš Janáčeks vorletzte Oper „Das schlaue Füchslein“ wurde in München seit der letzten Produktion am Nationaltheater vor 20 Jahren (Regie und Ausstattung: Jürgen Rose) immer wieder gespielt – mal als Produktion des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper oder in Koproduktion von Musikhochschule und Gärtnerplatztheater; zuletzt gab es 2018 eine konzertante Aufführung mit dem Symphonieorchester des BR. Nun spielt die Bayerische Staatsoper ebenfalls erstmals die tschechische Originalversion, aber Barrie Kosky verzichtet (fast) ganz auf die Imitation der Bewegungen von Tieren. (Von Klaus Kalchschmid) Kosky inszeniert „Das Schlaue Füchslein“ in München – ohne Tiertheater weiterlesen