Archiv der Kategorie: Premierenbesprechungen

Die Händelfestspiele Karlsruhe eröffnen mit “Tolomeo” und alle schauen aufs Meer! Jakub Józef Orliński glänzt in der Hauptrolle des Lebensmüden

„Tolomeo, Re D‘Egitto“ war die letzte Oper, die Georg Friedrich Händel für seine erste Londoner Akademie-Unternehmung komponiert hat, wobei damals allen klar war, dass die italienische „Opera seria“ mit ihren Stars und Kastraten unbezahlbar und ruinös sein musste. Entstanden ist diese Seria unter extrem großem Druck. Und Händel setzte wie immer alles auf die Sängerkarte. Bei der Uraufführung im Mai 1728 standen am Haymarket-Theatre in London auch seine Stars auf der Bühne. Altkastrat Senesino, Francesca Cuzzzoni und Faustina Bordoni. Die Händelfestspiele Karlsruhe eröffnen mit diesem selten gespielten Werk, das Arien vom feinsten serviert, auch wenn nicht nach Handlung gefragt werden darf. (Von Sabine Weber)
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Dijon präsentiert eine neue Kafka-Oper, für die Brice Pauset detailreiche Hörassoziationen erfindet

Kafkas Gedankenwelt sei antidramatisch, hat Hans Heinz Stuckenschmidt einmal behauptet. Dennoch haben Komponisten Kafka-Werke auf die Opernbühne gebracht. Gottfried von Einem Kafkas Roman „Der Prozess“ 1953. Hans Werner Henze hat die Erzählung „Ein Landarzt“ 1951 zu einer Rundfunkoper verarbeitet und 1996 revidiert. Gunter Schuller hat 1966 „Die Heimsuchung“ zu einer Jazz-Oper in den Südstaaten weiterentwickelt, Roman Haubenstock-Ramati im gleichen Jahr „Amerika“ durch eine den Interpreten Raum gebende graphische Notation. „La porta delle legge/ Vor dem Gesetz“ hat Salvatore Sciarrino 2009 aufgegriffen. Philip Glass hat zweimal Kafka mit minimalistischen Musikklängen erfasst: „In the Penal Colony/ In der Strafkolonie“ 2000 und „Der Prozess“ 2015. Was treibt sie an, die surrealen Szenarien mit schuldlos Schuldigen, Ausgestoßenen, Abgewiesenen, Ausgelieferten und mit kalter Grausamkeit und Sadismus konfrontierten Söhnen, jedenfalls sind es zumeist Männer um die es geht, Stimmen zu geben und Bühnenräume zu öffnen? Für den französischen Komponisten Brice Pauset ist es die prophetische Kraft hinter den zumeist auch noch beklemmend kalt und nüchtern erzählten Begebenheiten. Die drei Erzählungen, die er jetzt aktuell für die Oper Dijon zu einer dreiaktigen Oper gefügt hat, verhandeln seiner Meinung nach brennend aktuelle Themen. In „Das Urteil“ den Generationenkonflikt, die ältere Generation beharrt auch um den Preis, dass sie die Kinder opfert, in „Die Verwandlung“ geht es darum, was passiert, wenn ein Familienmitglied nicht mehr der Norm entspricht, der Sohn wird ja zum Käfer und erlebt, wie ihm die Menschlichkeit abgesprochen wird. „In der Strafkolonie“ geht es um eine sadistische Tötungsmaschine, von der ein Offizier seine Daseinsberechtigung ableitet. Diese Erzählungen hat Kafka zwischen 1912 und 1915 verfasst. Er wollte sie als Trilogie oder Erzählband unter dem Titel „Strafen“ zusammen veröffentlichen. Strafen – Les châtiments – hat Brice Pauset jetzt seine Oper überschrieben, und verwirklicht das Vorhaben nach mehr als 100 Jahren. Am 12. Februar war die Uraufführung. (Von Sabine Weber) Dijon präsentiert eine neue Kafka-Oper, für die Brice Pauset detailreiche Hörassoziationen erfindet weiterlesen

Die Klammer ist Verzweiflung! Nach der fulminanten Fidelio-Inszenierung im Januar kombiniert das Theater Bonn jetzt eine neukomponierte Briefszene von Manfred Trojahn mit Beethovens Oratorium Christus am Ölberge

Manfred Trojahn ist Bühnenmusik- und Opernerfahren. Als der in Düsseldorf lebende und lehrende Komponist gefragt wurde, für diesen Abend zum Beethovenjahr 2020 einen Prolog zu Beethovens Oratorium „Christus am Ölberge“ zu liefern, hat möglicherweise die Vertonung von Beethovens Heiligenstädter Testament sogar im Raum gestanden. In diesem erschütternden Dokument, von Ludwig van Beethoven in Heiligenstadt bei Wien verfasst, berichtet er verzweifelt von seiner medizinisch nicht mehr abzuwendenden Taubheit. Ein Selbstbekenntnis Beethovens, dem sein störrischer Umgang mit Menschen durchaus bewusst war, der sogar Selbstmord erwägt, sich dann aber zur rettenden Kunst bekennt. Ein Jahr darauf entsteht „Christus am Ölberge“. In dem Oratorium geht es um Jesus im Garten Gethsemane, der fleht, der Kelch möge an ihm vorüber gehen, der sich dann aber in sein Schicksal findet. Die Parallelpersepktive zum Heiligenstädter Testament ist greifbar. Trojahn fügt eine weitere Krisen-Parallele hinzu, den Chandos-Brief, den Hugo von Hofmannsthal 1902 verfasst und veröffentlicht hat. In dieser inzwischen zur Schullektüre gewordenen Briefszene geht es um die existentielle Krise eines Schriftstellers. Hofmannsthal nimmt darin die Rolle des jungen englischen Lord Chandos ein, der sich als literarisches Frühgenie der Aufklärung seinem Freund und Förderer, dem Philosophen und Empiriker Francis Bacon erklärt. Ihm seien plötzlich Begriffe und Abstraktionsebenen flöten gegangen. Überwältigt von Einzelphänomenen fände er keinen Zusammenhang mehr, nur Einzelphänomene könne er noch beschreiben, in denen er sich verlöre. Klaus Bertisch hat den Text geschickt eingekürzt. Und Manfred Trojahn hat ihm musikalisch eine bühnentaugliche Dramatik beigebracht. Im Theater Bonn spannt sich ein szenischer Bogen über menschliche Verzweiflung, von einer zeitgenössischen Monologszene hin zu Beethovens selten zu hörendem Oratorium – nach der Pause –, das hier auch Bühnendramatik entwickelt! (Von Sabine Weber) Die Klammer ist Verzweiflung! Nach der fulminanten Fidelio-Inszenierung im Januar kombiniert das Theater Bonn jetzt eine neukomponierte Briefszene von Manfred Trojahn mit Beethovens Oratorium Christus am Ölberge weiterlesen

Der Himmel ist farbig, die Hölle der Kongo! Regisseur Ersan Mondtag erteilt mit Schrekers „Schmied von Gent” in Antwerpen den Belgiern ein bisschen Geschichtsunterricht. Sorgt aber auch für den Drive, den dieser Volksschwank einfordert!

„Der Schmied von Gent” ist Franz Schrekers letzte vollendete Oper (1930). Schreker schwebte eine Volksoper à la Breughel vor, ohne elitären Anspruch, dafür sollte sie populär sein. Den Schwank „Smetse Smee“ stöbert er in den „Flämischen Legenden“ Charles De Costers von 1858 auf. Eine Art erbaulich-patriotische Literatur für das noch junge Belgien. „Smetse Smee“ spielt im 16. Jahrhundert zur Zeit der spanischen Besatzung, Smee ist natürlich ein Anhänger der Geusenpartei. Es geht aber nicht primär um politische, historische oder ökonomische Hintergründe. De Coster fokussiert das „belgische“ Volk, wie es auf Repression reagiert, prügelt, zusammenhält oder Denunzianten in den Fluss schmeißt. Die gottesfürchtige Ehefrau hält kleinbürgerlich ehrbar natürlich immer zum Mann. Der ist hier einer, der sein Schicksal ganz schön verschlagen in die Hand nimmt, den Teufel und selbst den Himmel haut er für sein Fortkommen übers Ohr. Smee ist also eine handfeste Gegenfigur zu Schrekers kränkelnden Opernhelden, den von mystisch-rätselhaften Schicksalen Getriebenen Fritz in „Der ferne Klang“ (1912) etwa oder Alviano in „Die Gezeichneten“ (1918). Regisseur Ersan Mondtag verwirrt den bürgerlichen Moralkodex in Gent-Antwerpen allerdings noch ein bisschen. Er verwandelt Smee im letzten Akt in einen Wiedergänger Leopolds II., der in der Hölle auf die koloniale Vergangenheit Belgiens im Kongo trifft und im Himmel auf einen kongolesischen Petrus! (Von Sabine Weber) Der Himmel ist farbig, die Hölle der Kongo! Regisseur Ersan Mondtag erteilt mit Schrekers „Schmied von Gent” in Antwerpen den Belgiern ein bisschen Geschichtsunterricht. Sorgt aber auch für den Drive, den dieser Volksschwank einfordert! weiterlesen

Im Tunnel! Roland Schwab inszeniert Verdis „Don Carlos” in Saarbrücken als düsteres Drama eines Verlorenen

Roland Schwab hat einen Hang zum Düsteren, zum abgründig Dunklen, geheimnisvoll Fremden in jedem einzelnen Menschen wie in der Gesellschaft als Ganzes. Bei seinem faszinierenden „Lohengrin“ vor wenigen Monaten in der Salzburger Felsenreitschule dominierte die gewaltige Bühnenbreite den ganzen Abend das Wrack eines riesigen Flugzeugs, entworfen von Piero Vinciguerra. Jetzt hat derselbe Bühnenbildner, mit dem Schwab oft zusammenarbeitet, einen in seinen Materialien zugleich realistischen wie im Gehalt symbolischen, auf halber Höhe durchbrochenen Auto-Tunnel auf die Bühne des Saarländischen Staatstheaters gebaut und Renée Listerdal dazu die zeitlosen und doch modernen Kostüme entworfen. (Von Klaus Kalchschmid) Im Tunnel! Roland Schwab inszeniert Verdis „Don Carlos” in Saarbrücken als düsteres Drama eines Verlorenen weiterlesen

Steht das Böse am Anfang der Menschheitsgeschichte? Zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz – heute – wirft sich die Frage auf. Dietrich Hilsdorf hat den Brudermord von Kain an Abel von Alessandro Scarlatti für Essen am Wochenende inszeniert. Bei ihm lautet das Problem allerdings nicht Mensch sondern Gott!

(25. Janaur 2020, Aalto Theater, Essen) „Der erste Mord“ hat Alessandro Scarlatti 1707 über sein Oratorium gesetzt. „Il primo omicidio – overo Cain“ im Italienischen. Der Mord Kains an seinem jüngeren Bruder Abel ist die erste biblische Gewalttat eines Menschen gegen einen Menschen. Also genug Drama für eine Oper! Dietrich Hilsdorf und sein Bühnenbildner Dieter Richter machen aus Scarlattis Oratorium für das Aalto-Theater eine Versuchsanordnung in einem geschlossenen Raum. Gott und der Teufel sind die Spieler. Adam und Eva, Kain und Abel ihre Wettgegenstände. Ein großartiges Sängerensemble belebt diese Versuchsanordnung in einem geschwungenen, etwas abgetakelten Barocksalon mit blinden Spiegeln über dem Kamin. Sie sitzen am Tisch in der Bühnenmitte oder an kleinen Tischchen da parte und gestalten die eigentlich etwas stereotoype Rezitativ-Arienabfolge zu einem berührenden Seelenkaleidoskop. Abgesehen von einigen kleinen Wacklern und Ungenauigkeiten zu Anfang im hochgefahrenen Orchestergraben werden sie von den informiert aufspielenden Essener Philharmonikern (zwei Blockflöten sind dabei) unter Rubén Dubrovsky farbig und intensiv begleitet. Im Continuo mit Erzlaute, Cembalo, Orgelpositiv und, für den Teufel seit Monteverdis Unterweltzeiten ein Muss, einem schnarrenden Regal. Zwei Countertenöre, Philipp Mathmann als ätherischer Abel, Xavier Sabata als herrschsüchtiger Gott und mit einer wunderbar sprachbetont ausgeformten Tongebung,

Philipp Mathmann (Abel), Xavier Sabata (Gott). Foto: Matthias Jung

sind die Lobby gegen den Teufel, Bassist Baurzhan Anderzhanov, zunächst als gefährliche

Xavier Sabata (Gott), Dmitry Ivanchey (Adam), Baurzhan Anderzhanov (Teufel). Foto: Matthias Jung

Liebschaftsdame verkleidet, und Kain, ebenfalls eine Kastratenpartie und die interessanteste Rolle, hier von Mezzo Bettina Ranch großartig gespielt und gesungen. Nicola Reichert lässt die Paarbildungen schon in ihren stilistisch am 18. Jahrhundert historisch orientierten Kostümen erkennen. Adam, Dmitry Ivanchey, und Eva, Tamara Banješević, tragen grau-lila, die kirchlichen Todes-und-Fastenzeitfarben, während Abel und Gott in hell-beige-Gold glänzen. Zweieinhalb Stunden trägt die Inszenierung, die trotz einiger Brüche einen großen Bogen spannt. Die Begeisterungsstürme sind verdient, hat man nach einer Aalto-Premiere auch noch selten so erlebt. Hier gibt es ein begeistertes Publikum für Barockoper! Vor der Premiere habe ich mich mit Dietrich Hilsdorf getroffen, um zu erfahren, wie er auf dieses Barockoratorium gekommen ist und was seine Sicht auf das Böse in diesem Stück prägt. (Das Interview führt Sabine Weber)

Steht das Böse am Anfang der Menschheitsgeschichte? Zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz – heute – wirft sich die Frage auf. Dietrich Hilsdorf hat den Brudermord von Kain an Abel von Alessandro Scarlatti für Essen am Wochenende inszeniert. Bei ihm lautet das Problem allerdings nicht Mensch sondern Gott! weiterlesen

Haydn im Revier! Das Musiktheater in Gelsenkirchen zeigt „Orlando Paladino“ – eine Rarität, die eine begeisterte Wiederentdeckung feiert!

Haydn im Revier? Im Foyer des Musiktheaters in Gelsenkirchen schlendert das Publikum bei dieser Premiere erst einmal an einigen aufgestellten Tafeln vorbei. Sie erinnern an Pionierleistungen. Übrig geblieben von der 60-Jahrfeier im Dezember, stehen sie noch immer in diesem besonderen nordrhein-westfälischen Opernhaus, mit den fantastischen Glaswänden (Architekt: Werner Ruhnau) und den riesigen Yves-Klein-Schwammbildern in kobaltblau. Und informieren über die erste Operninszenierung Dietrich Hilsdorfs hier im Haus im Jahr 1981 oder Peter Konwitschnys Uraufführungsfassung von Lortzings „Regine“ 1998! Das Haus ist innovativ und Entdeckungs-freudig geblieben und wartet jetzt mit „Orlando Paladino“ auf, einer Oper von Joseph Haydn! Ein berühmter Sinfonien-, Streichquartett- und Oratoriumskomponist. Aber “Orlando”? Nie gehört und gesehen! Obwohl diese Oper das erfolgreichste seiner insgesamt 24 Bühnenwerke  gewesen sein soll. Was Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters an Aufführungsorten – noch zu Haydns Lebzeiten – aufzählt, beeindruckt und ist kaum zu glauben. Vereinzelt ist heute eine Haydn-Oper noch auf CD zu entdecken, aber szenisch sind die Werke fast ausgestorben. Im MiR steht jetzt das Personal um den wahnsinnigen Paladin Karls des Großen namens Roland aktualisiert in einem Pub. Und arbeitet sich – um komische Typen angereichert – aneinander ab. Das verstaubte Ritterepos aus dem 16. ist vom Librettisten Nunziato Porta für das 18. Jahrhundert aktualisiert worden, was den ernsten Charakteren noch ein paar buffoneske an die Seite stellt. Am Schluss ist der Wahnsinn gelindert, und es gibt fröhliche Paarbildung. Die Inszenierung von Jetske Mijnssen ist eine Übernahme von 2016 aus Zürich – und ein Gewinn, sie hier zu erleben. Noch mehr der in diesem Repertoire versierte und spezialisierte Werner Ehrhardt, der am Dirigentenpult die Neue Philharmonie Westfalen mit Verve durch die klassische Partitur treibt, und dabei zeigt, wie die barocke Affektenlehre mit Hornstößen und weiteren Orchesterakzenten wie Pistolenschüsse krachen können! (Sabine Weber)

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Beethrifft: „Fidelio” als Türkei-Tribunal! Das Theater Bonn eröffnet das Beethovenjahr 2020 mit Zeitzeugen und Dokumentationen über politische Gefangene in der Türkei!

Was hat  „Fidelio” mit der Kurdenfrage zu tun? Im Theater Bonn derzeit erstaunlich viel. Es werden in Beethovens einzigem Opernoeuvre Parallelen zu Menschenrechtsverletzungen in der Türkei gezogen. Fidelio handelt ja auch von einem politischen Gefangenen in Isolationshaft, er soll aus dem Weg geräumt werden. Das nimmt Regisseur Volker Lösch zum Anlass, statt zwischen den Musiknummern Dialoge einzufügen, türkische Zeitzeugen und Aktivisten zu Wort zu bitten. Sie berichten über die Situation von inhaftierten Verwandten, aber auch über eigene Erfahrungen. Isolationshaft, Folter, menschliche Demütigung bekommt an einem „Arbeitstisch“ Gesichter! Mit dem Schriftsteller Doğan Akhanlı, der drei Mal verhaftet wurde oder Hakan Akay, der für die Freilassung seines Bruders Soydan Akay kämpft. Er sitzt seit 27 Jahren ein und ist schwer erkrankt. Eine Behandlung wird ihm verweigert. Moderator und zeitweilig Bühnen-Regisseur der Fidelio-Produktion ist Matthias Kelle, der Fragen auch an die Opernprotagonisten stellt, wenn sie an den Tisch kommen. Der Bühnenraum ist ein giftgrünes virtuelles Studio, wie es für die Fernseh-Nachrichten in den Sendern gebraucht wird. Auf einem Bildschirm werden Bilddokumentationen eingeblendet oder auch die Opernprotagonisten in filmischen Szenarien mit Live-Cam hinein projiziert. Ein mutiger Ansatz, der bis zum Schluss konsequent durchgezogen wird und vom Publikum positiv quittiert wird, auch wenn einige ältere Herrschaften schon nach einer halben Stunde aufstehen und gehen. Unser Sitznachbar stürzt sich noch während des Schlussapplauses in die Diskussion, ob hier nicht Beethoven missbraucht werde. Wir finden, er wird ernst genommen. (von Sabine Weber)

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Zeit des Erwachens! Herzenswärme überwindet posttraumatischen Kälteschock. Hans Abrahamsens fein modulierte Klänge in seiner Oper „Snow Queen“ bekommen in München eine märchenhafte Ausstattung. Die Regie von Andreas Kriegenburg lotet dennoch psychologische Untiefen aus

Thomas Gräßle (Kay Double), Barbara Hannigan (Gerda). Foto: Wilfried Hösl

Es ist lange her, dass subtile Klänge sowohl im Bühnenbild, als auch in der Regie eine derartige Faszination haben entwickeln können wie an diesem Abend! Die Kälte kriecht unter Cornelius Meisters Dirigat in feinen, eisigen Klängen aus dem Orchestergraben und den Proszeniumslogen, beispielsweise in höchsten Registern auf Saiten reibenden und mit Glöckchen- und Glitzereffekt ausgestatteten Klangstrukturen. Auch auf der Bühne (Harald B. Thor) schneit es unentwegt aus sichtbaren Schneewalzen an der Decke. Hans Christian Andersens „Die Schneekönigin“ spielt auch in der nordischen Kälte. Es geht in diesem Märchen durchaus um Kälte als Zwischenmenschliches Problem. Um Erstarrung oder eine emotionale Störung. Regisseur Andreas Kriegenburg legt Andersens Märchengestalten als projizierte Fluchtidentitäten in einer Traumwelt an, und bedient in seinen Bildern dennoch das Märchen! (Von Sabine Weber)

Rachael Wilson (Kay), Thomas Gräßle (Kay Double), Statisterie der Bayerischen Staatsoper. Foto: Wilfried Hösl

Zeit des Erwachens! Herzenswärme überwindet posttraumatischen Kälteschock. Hans Abrahamsens fein modulierte Klänge in seiner Oper „Snow Queen“ bekommen in München eine märchenhafte Ausstattung. Die Regie von Andreas Kriegenburg lotet dennoch psychologische Untiefen aus weiterlesen

Olga Neuwirths „Orlando“ feiert an der Staatsoper in Wien Uraufführung

Und für die erste abendfüllende Uraufführung einer Komponistin an der Wiener Staatsoper seit 150 Jahren werden alle Register gezogen. Olga Neuwirths Orlando nach Woolfs gleichnamigem Roman – in Wien verkörpert von Kate Linsley – kommt sogar im hier und jetzt an! (Von Klaus Kalchschmid)
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