Marie Jacquot feiert begeisterndes Debüt beim WDR Sinfonieorchester

Von 2019 bis 2022 war Marie Jacquot erste Kapellmeisterin an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf. Bald wird die zweiunddreissigjährige Französin an die Königlichen Oper Kopenhagen gehen. Aber ersteinmal hat sie ihr Debüt beim WSO gefeiert. Und sowohl in ihrem Programm wie Dirigat exquisit Einblicke in die Beziehungsvielfalt der französischen und deutschen Musik des späten 19. Jahrhunderts gegeben. (Von Jukka Höhe, Foto: Werner Kmetitsch)

(2. Dezember 2022, Kölner Philharmonie) Das Meer in seiner vielgestaltigen Erscheinung und große Emotionen standen am Freitagabend im Mittelpunkt des von Marie Jacquot geleiteten Konzerts des WDR Sinfonieorchesters. Auf dem Programm standen die Poème de l’amour et de la mer op. 19a (1882-90, 1893) für hohe Stimme und Orchester von Ernest Chausson (nach Gedichten seines Freundes Maurice Bouchor) und zum Abschluss Claude Debussys La Mer (1905), die Richard Wagners Vorspiel und Liebestod aus Tristan und Isolde (orchestral gespielt) einrahmten

Den Anfang machte jedoch ein zeitgenössisches Stück: David Hornes The Turn of the Tide aus dem Jahr 2006, das mit mikrotonalen Details die Ohren spitzen ließ, insbesondere die mit Dämpfern gespielten Trompeten. Der schottische Komponist war anwesend und enterte nach seinem Stück auf abenteuerliche Weise das erhöhte Konzertpodium, wo die mobilen Treppenstufen fehlten. Erst im dritten Anlauf gelang die unfallfreie Eroberung des Podiums – zur Belohnung gab es eine innige Umarmung der Dirigentin und den warmen Applaus des Publikums.

Die Beweglichkeit und Flexibilität in Jacquots Dirigat ist erstaunlich. Dies fällt sofort bei dem auf Hornes Gezeitenwende folgenden Poème Ernest Chaussons auf. Wirkten ihre Bewegungen bei Horne noch eckig (womit nicht ungelenk gemeint ist), werden ihre Bewegungen nun runder, fließender. Leider ließ Michèle Losier im Liedvortrag ein etwas zu hartes Dauerzittervibrato hören, worunter auch die Textverständlichkeit litt.

Jacquots Interpretation ist in den stark impressionistisch eingefärbten Werken im Detail sehr klar. Chaussons ist aber auch hörbar wagnerisch beeinflußt. Der rein orchestrale Tristan-Liebestod- passt perfekt zwischen Chausson und Debussy.

Ihren Dirigierstil passt Jacquots an die Erfordernisse des Werks an. Das gesamte Orchester sowie die einzelnen Orchesterstimmen vermag sie wie gleichzeitig anzusprechen. Das ermöglicht ihr an diesem Abend, individuell auf die Einzelstimmen einzugehen. Das bestens aufgelegte WDR Sinfonieorchesters mit seinen Solisten boten Jacquot aber auch gern jede Möglickeit dazu an, und setzten ihre Interpretationen perfekt um.

Großer und verdienter Applaus für Jacquot und das WDR-Sinfonieorchester – und die Hoffnung, Jacquot bald wieder in Köln zu sehen!

 

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