Énée (Mirko Roschkowski) tot, Didone (Katrin Adel) fast tot, rechts Didons Schwester (Irina Maltseva) mit Perlenkette aus Priams Schatz behangen und die gleich mit dem Finger ins Publikum zeigenden Karthager. Foto: Staatstheater Nürnberg
Blut, Sperma, Urin, obszöne Griffe in erogene Zonen. Immer fällt dem katalanischen Star-Regisseur Calixto Bieito etwas Ungehöriges ein, das schockt und aufrüttelt und Sichtweisen unterwandert. Doch vor Héctor Berlioz’ Monumentaldrama geht er in die Knie. Schlimmer noch. Es wird radikal gekürzt. Bieito setzt den „death by thousend cuts“ fort, den das Chef d’œuvre von Berlioz durch die Operngeschichte verfolgt. Keine Handlung wird nicht klar. Und in der Ballettmusik gibt es szenische Mätzchen. (Von Sabine Weber) Calixto Bieito, einer der radikalsten Opernregisseure, inszeniert Les Troyens von Héctor Berlioz in Nürnberg und erstarrt weiterlesen →
„Ich schreibe im Grunde genommen nur, um Schwarze und Araber und Türken auf der Bühne zu sehen.“ Mit solchen Aussagen hat der zeitgenössische französische Kultdramatiker Bernard-Marie Koltès die Kulturszene geschockt. In die französische – und auch deutsche – Bühnenlandschaft ist er wie ein Meteorit eingeschlagen. Und bald verglüht. Mit 41 Jahre – in diesem Jahr vor genau 25 Jahren – ist er an Aids verstorben. Das hat zu seinem Mythos mit beigetragen. In den 80er Jahren bringen seine Stücke Schauplätze ins Theater, die dem Kino vorbehalten scheinen. Er bevölkert Autobahnen, Industriebrachen oder kaputte Bars mit Strichern, Junkies, Ganoven, Migranten und Ausländern. Schon die Titel sprechen für sich: „Der Kampf des Negers und der Hunde“ oder „Die Einsamkeit der Baumwollfelder“. Patrice Chéreau entdeckt ihn und inszeniert seine Stücke. Auf der Bühne des berühmten Pariser Vorstadtheaters in Nanterre erschüttern die in Dialogen ausgelebten sozialen Kollisionen und Auseinandersetzungen. Koltès begreift sie als eine natürliche Folge von Migrations- und Globalisierungsprozessen, lange bevor diese Begriffe geprägt wurden. „Quai West“ ist Magrationstheater pur. Wie wegweisend seine Stücke noch heute sind, hat die Staßburger Opéra du Rhin begriffen. In Kooproduktion mit der Staatsoper in Nürnberg hat sie den Stoff von „Quai West“ als Oper auf die Bühne gebracht. Der aus Marseille stammende Komponist Régis Campo hat das von Regisseur Kristian Frédric und Florence Doublet adaptierte Libretto vertont. Am 27.9.2014 war Premiere. Ein Audio-Beitrag von Sabine Weber
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