Offenbach lebt – Kölns Historisches Archiv eröffnet eine Online-Ausstellung über den „Kölner Offenbach“

Das Offenbach-Jahr wird in Köln mit vielen Aufführungen, Veranstaltungen und Veröffentlichungen begangen: gewissermaßen eine „Kompensation” für einen der größten Söhne der Stadt, der sich zu Lebzeiten von seiner Heimatstadt zurecht zurückgesetzt fühlte und selbst im 20. Jahrhundert lange Zeit in seiner Bedeutung für die  Musikgeschichte – und die Stadt – nicht anerkannt wurde.

Dieses komplexe Verhältnis wird nun in der feinen Online-Ausstellung „Von Jakob zu Jacques – Der Kölner Offenbach” des Historischen Archivs der Stadt Köln differenziert dargestellt. Sehr empfehlenswert!  (Von Jukka Höhe)

Das Historische Archiv der Stadt Köln verfügt über eine der größten Sammlungen an Offenbachiana weltweit. Eine wesentliche Basis für diese reichen Bestände legte in den 1950er-Jahren die Übernahme der Sammlung Hans Kristellers, dazu kam 1989 die Sammlung Antonio de Almeida mit einer großen Anzahl von Partiturskizzen von zum Teil nie aufgeführten Stücken. Kontinuierlich wird diese Sammlung, die zum Glück den Einsturz des Stadtachivs im Jahr 2009 überstanden hat, bis heute erweitert und für die Öffentlichkeit erschlossen.

Der Kurator der Ausstellung, Niclas Esser, hat im Rahmen einer kleinen Festveranstaltung in der Kölner Trinitatiskirche ausgesuchte Kostbarkeiten der Sammlung dem Publikum vorgestellt und gleichzeitig die Online-Ausstellung „Von Jakob zu Jacques – Der Kölner Offenbach“ eröffnet.

Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt, wie der Titel schon verrät, auf dem Kölner Bürger und auf den Kölnern selbst, die lange kein rechtes Verhältnis zu „ihrem“ Offenbach gefunden haben. Dieses Verhältnis wird in den vier Abteilungen „Offenbach’s Köln“, „Ne kölsche Jung“, „Von Jakob zu Jacques“ und „Kölner Rezeption“ in bemerkenswerten Beispielen dargestellt.

Da finden sich Bilder aus Offenbachs Jugendzeit, etwa der Synagoge in der Glockengasse, seine Geburtsurkunde und andere offizielle Dokumente. Und als besondere Kostbarkeit die Autographe: Briefe an seine Familie, zu der er zeitlebens ein enges Verhältnis behielt, insbesondere zu seinen Schwestern (das Historische Archiv hat allen Interessierten die Mühe der Entzifferung der Handschriften abgenommen und sie dankenswerterweise transkribiert).

Brief Jacques Offenbachs an seine Schwester Ranetta, 20. April 1853, HAStK Best. 1136, A 194
Brief Jacques Offenbachs an seine Schwester Ranetta, 20. April 1853, HAStK Best. 1136, A 194

Und natürlich Noten, seine Musik! Patriotische Lieder aus der Zeit um 1848 („Das Vaterland“) oder die nie aufgeführte Oper „La Duchesse d’Alba“. Leider existiert diese handgeschriebene Partitur nur noch in Teilen.

Notenmanuskript "Das Vaterland", 8. Mai 1848, HAStK Best. 1136, A 1561
Autograph des Vaterlandsliedes, 8. Mai 1848, HAStK Best. 1136, A 1561

Auch das Notenmanuskript zu „Marielle, oder Sergeant und Commandant“ lässt sich studieren. Dieses Musiktheaterwerk von 1847/48 nimmt eine Schlüsselrolle ein. Es ist das erste in Köln aufgeführte Bühnenstück Offenbachs — und es fand nicht die Anerkennung, die er sich erhoffte.

Notenmanuskript „Marielle, oder Seargant und Commandant“, 1847/1848, HAStK Best. 1136, A 1757
Autograph „Marielle, oder Seargant und Commandant“, 1847/1848, HAStK Best. 1136, A 1757

Das führte zu einer Trübung des Verhältnisses zu seiner Heimatstadt. Und die hatte bis weit in das 20. Jahrhundert hinein ihre Probleme, Offenbachs Rang anzuerkennen. Ein bestürzendes Licht auf dieses Verhältnis wirft das Protokoll der Ratsdebatte von 1957 um die Benennung des Platzes vor der neuerbauten Kölner Oper. Nur knapp, mit 24 gegen 23 Stimmen, wurde Offenbach zum Namensgeber des Platzes gewählt. Es mutet heute kaum glaublich an, mit welchen Argumenten sich einige der Ratsherren gegen diese Benennung wehrten. Nur ein Beispiel: „Es ist nicht viel von dem lebendig geblieben, was Jacques Offenbach geschaffen hat, und wenn Sie dabei berücksichtigen, daß das Wenige, was übriggeblieben ist, vielleicht im wesentlichen nur noch Ausstattungsstücke sind, dann glaube ich nicht, daß wir ein Recht haben, diesen bedeutungsvollen Platz nun ausgerechnet mit dem Namen Offenbach zu bezeichnen“

Zum Glück ist Offenbach lebendig geblieben und wird immer wieder neu entdeckt! Und selbst Offenbach-Kenner werden in dieser mustergültigen Archiv-Ausstellung Neues und Verblüffendes finden. Ein Dank dem Historischen Archivs der Stadt Köln und Niclas Esser, die dieses Erlebnis allen Interessierten ermöglichen.

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