Frauen-Komponisten in einem Liederabend-Event der besonderen Art

Am Tag der Gewalt gegen Frauen lädt Uta Christina Georg ein. Und das sympathische Urania Theater in Köln-Ehrenfeld füllt sich. Einer der fünf Gründe – eine Handvoll – wie die Mezzosopranistin ihrem Publikum süffisant lächelnd zur Begrüßung im Saal erklärt, sei natürlich dieser besondere Frauentag. Nicht, dass die Komponistinnen, um die sich der Abend dreht, Gewaltopfer gewesen seien. Aber solange überhört worden zu sein, sei immer wieder Grund, sie in den Vordergrund zu rücken. Und Uta Christina Georg hat zu deren Sichtbarmachung auch einen 17-minütigen Film gedreht, unterstützt von einem Neu-Start-Kultur-Stipendium. Auch dieser Film ist Teil des Programms, wie auch die Uraufführung eines Liedes für tiefe Stimme, drei Streicher und Klavier der Kölner Komponistin Camille van Lunen, die auch anwesend ist. (Von Sabine Weber)

(25. November 2022, Urania Theater, Köln-Ehrenfeld) Charmant führt Uta Christina Georg durchs Programm, switcht mit unglaublicher Ruhe vom Modarationspult an den Flügel, an dem Denis Olejak sie begleitet oder einige Komponistinnenpiècen zum Besten gibt wie gleich zu Anfang Fanny Hensels Melodie für Klavier Opus vier Nummer zwei. Oder ein Intermezzo von Paula Szalit.

Mit Hensels anspielungsreichem Eichendorff-Lied Er weiß und rät es doch keiner beginnt Georg ihren Liedvortrag. Clara Schumanns Goethe-Veilchen, zu welchem die Volksliedmelodie im inneren Ohr mitschwingt, lässt Uta Christina Georg danach hören. Jede Komponistin wird kurz eingeführt, um danach sofort im Lied zu erklingen. Georg gelingt ein guter Wechselrhythmus, und zu hören ist, dass sie professionell moderieren kann. Sie singt jedes Lied auswendig, interpretiert mit nicht zu lauter Stimme, aber ganz natürlich mit rund klingendem Timbre, spürt dabei der Atmosphäre und der Stimmung der Lieder nach, und singt absolut textverständlich. Es folgt Alma Mahler, wobei Alma Mahlers Rückert-Vertonung Liebst Du um Schönheit, die im Film erklingt, noch mehr berührt. Das Lied ist nämlich bekannt durch die Vertonung von Gustav Mahler. Das letze Lied vor der Filmpräsentation stammt von Hildegard Quiel. Wahrscheinlich ist dieser Namen für einige an diesem Abend eine Entdeckung. Quiel, angeblich eine sehr schüchterne Persönlichkeit, soll sogar zwei Bände mit Hesse- und Rilkevertonungen gefüllt haben.

Nach den live zu hörenden Liedkomponistinnen sind sie im Film in Episoden nochmals zu erleben. Zwar ziehen Titel, Namenszüge und Verse im Vorspann zur jeweiligen Liedinterpretationen zu schnell vorbei, als dass sie memorisiert werden könnten. Aber wie Georg den Inhalt der Lieder optisch und in einer sehr persönlichen Weise immer anders versucht zu deuten, hinterlässt einen Eindruck. Die als Regisseurin für Musikfilme bekannte Martina Pfaff hat diesen Film mit begleitet. Der Film ist übriges auf Youtube online gestellt.

Camille van Lunen hält ein Gedicht von Dagmar Nick hoch.

Der letzte Höhepunkt dieses sehr sympathischen und unterhaltsamen Abends ist dann die Uraufführung des Liedes „Aussichten“ für Violine, Bratsche und Violoncello. Camille van Lunen hat Verse der Lyrikerin Dagmar Nick vertont. In dem dreiminütigen Lied, in dem Studentinnen der Musikhochschule Köln die Streicherrollen übernehmen, wird feinfühlig freitonal gezupft und gestrichen, wobei die Musikerinnen auch mal ein Versecho sprechen dürfen. Van Lunen folgt dem Versinhalt, wobei der zweite Teil des Liedes merklich aufdreht. Nachdem die Komponistin kurz nach vorne gekommen und sich vorgestellt hat, wird das Uraufführungslied noch einmal wiederholt, und noch einmal wird gelauscht. Ein beglückender und berührender, zugleich sehr persönlicher Abend war das. Zu erwähnen wäre noch die schöne Akustik in diesem Theater…

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