(Titelbild: Statisterie, Carlos Cardoso (Gabriele Adorno), Daniel Luis de Vicente (Simon Boccanegra, für den in dieser Aufführung Dimitris Tiliakos eingesprungen ist), Jessica Muirhead (Amelia) (v.l.). Foto: Matthias Jung) Ganz klar: Simon Boccanegra ist ein besonderer Verdi! Das sonst eher reservierte Essener Publikum ist in dieser zweiten Aufführung zu recht aus dem Häuschen! Denn Verdi zeichnet die scheiternde politische Mission eines Menschen nach, der verzweifelt um Frieden zwischen rivalisierenden Seemächten ringt, der versucht, einen zerfleischenden Bruderkrieg innerhalb der Stadtmauern mit einer großen Friedensrede zu beenden, seine verschwundene Tochter wiederzufinden, deren Mutter aus einer verfeindeten Familie stammt und daher in den Tod getrieben wurde. Und im Aalto werden drei Stunden lang die Verdi-Register musikalisch großartig gezogen. Die Essener Philharmoniker unter Giuseppe Finzi fluten den Saal mit ausdifferenziert durchleuchtenden Klängen, liefern aber auch neben unheilig donnerndem Blechgetöse himmlische Kirchenmusik, begleiten innigliche Verzweiflungsmomente mit einsamen Klarinetten- oder Oboenkantilenen und beenden ein Liebesduett mit in den Himmel steigender Harfe. Das großartige Ensemble (Muirhead, Amelia; Tiliakos, Boccanegra; Trinsinger, Paolo; und Cardoso, Adorno) werden exzellent begleitet. Essen ist auf dem Weg zur Belcanto-Stadt! (Von Sabine Weber) „Boccanegra“ sorgt für tragische Verdi-Stunden, in Essen mit Prilblumen konterkariert weiterlesen