(Beitragsbild: Osloer Oper. Foto: Jens Passoth) Die Frankfurter Oper denkt laut darüber nach, ob das Haus saniert oder doch lieber gleich neu gebaut werden soll. Wenn ja, wo? Das Frankfurter Architekturmuseum greift die Gelegenheit auf, um Bühnen- und Konzertsaal-Neubauten, sowie Renovierungen und Standortfragen einmal im europäischen Kontext darzustellen und mitsamt Architekturidee in einer Wanderausstellung auf den Scheffel zu stellen. Eine grandiose Idee, denn die Frankfurter Oper, ein in die Jahre gekommener und renovierungsbedürftig gewordener Musiktempel ist – fast würde man gern sagen – überall! Inspirationen können da natürlich visionäre Neubauten von Opernhäusern wie in Oslo von Snøhetta geben. Oder in Kopenhagen von Henning Larsen Architects, der Ausbau der Opéra du Lyon durch Jean Nouvel, die Elbphilharmonie von Herzog & De Meuron oder der Einbau eines neuen Konzertsaals in den Denkmalgeschützten Kulturpalast Dresden durch gmp Architekten. Natürlich fehlt auch nicht der Fall der vor kurzem abgeschlossenen Sanierung der Staatsoper Unter den Linden in Berlin von hg merz architekten, um nur einige der Ausstellungsbeispiele von „Grosse Oper – viel Theater!“ zu nennen. Inzwischen ist diese Ausstellung, im wesentlichen Bildmaterial und Beschreibungen des fertigen oder geplanten Projekts auf Bildtafeln vom Deutschen Architekturmuseum zur Oper Frankfurt, ins Nationaltheater Mannheim und u.a. nach Stuttgart gewandert. Derzeit (noch bis zum 30. Juni) ist sie im Kölner MAKK – Museum für Angewandte Kunst – und im Foyer der Oper am Rhein zu sehen. (Von Sabine Weber)
(4. Juni 2019, MAKK Köln) Düsseldorf steckt derzeit ebenfalls wie Frankfurt in der Entscheidungsfindung: Sanierung oder Neubau? Und wenn neugebaut würde, lieber am derzeitigen Standort oder im Hafen, um dort ein neu entwickeltes Prestigeviertel mit seinen Gehry-Bauten jetzt auch noch Hochkultur zu bringen. Die Oper am Rhein versucht derzeit jedenfalls durch Vorplanungen mit den einzelnen Abteilungen und Gewerken im Haus nachhaltig Planungszielwasser zu tanken. Das Dilemma der Oper Köln will man nicht wiederholt sehen.
Auch wenn die problematische Bühnensanierung in Köln angeblich in den letzten Zügen steckt. Die hat übrigens mal mit einer Neubauplanung begonnen, ist dann bei der Sanierung gelandet, die den typischen Verlauf genommen hat. Zeit- und Kostenrahmen sind explodiert.
Sowohl in Köln als auch in Düsseldorf gehören also Begleitveranstaltungen zur Wanderausstellung dazu. Sie dienen der öffentlichen Diskussion und Meinungsfindung. Vielleicht auch der Fehlervermeidung? Referenten, Vertreter der Architekturbüros oder der Opernhäuser stellen sich in Köln vor. Auch ein Baudirektor a.D. ist on tour. Die Veranstaltung im MAKK unter dem Titel „Open house! Kulturbauten, offen für alle?“ scheint allerdings vorrangig Marketingstrategien zu dienen.
Das Wort ‚Iconic Architecure‘ fällt erstaunlich oft. Ebenso ‚städtebaulicher Motor‘. Ikonische Architekturen, das sind die Elbphilharmonie und die Osloer Oper zweifelsohne, um die es an diesem Abend geht. Aber woran man erkennt, dass die 2007 eröffnete Osloer Oper, ein Eisplatten-imitierender Schrägplattenbau am Fjord, übrigens früher als geplant und auch billiger fertig geworden, ein solcher Motor tatsächlich geworden ist, das wird nicht erklärt. Das Operngebäude hätte den Kontakt zum Wasser geschaffen, ein Schrägdach endet am Wasser. Zudem sei das gewahrte norwegische ‚Jedermanns Recht‚ durch frei herumlaufende Menschen auf den Dächern, wo im Winter Kinder sogar Schlitten fahren können, ein Beweis, so Jette Hopp vom Osloer Architekturbüro Snøhetta.
Die Umgebung ist allerdings inzwischen mit Klötzen von (Star-)Architekten zugepflastert. Ob das, von Hopp angedeutet, urban durchmischtes Leben mit Studenten bis hin zu Familien zulässt, darf bezweifelt werden. Das Thema wird lieber übergangen. Und Hopp erzählt von einem weiteren ‚Kulturprojekt‘ im öffentlichen Raum, das die Saudis vor zwei Jahren eröffnet haben. Ein Protzbau in der Wüste. Fördern solche ‚Leuchtturmprojekte‘ oder vertreiben sie die Kreativität?
In der neuen Hamburger Hafencity wird es jedenfalls keine Ateliers oder Probenräume für „freie“ Künstler geben. Die Elbphilharmonie mit ihren Hotels, Parkhaus und dem inzwischen 10Millionsten Besucher auf der „Plazza“ sollen hier der Beweis für ‚öffentliche Bespielung‘ sein – auch ein häufiges Wort dieses Abends. Eigentlich hätte Hamburg ja gar keine Elbphilharmonie gebraucht, so Oberbaudirektor a.D. Jörn Walter, der mit lauter Stimme sein Mikrofon traktiert. Es gab ja bereits die Laeizhalle. Der sensationelle Entwurf von Herzog und De Meuron habe eben alle überzeugt. Und die 50 Millionen am Anfang klangen gut. Am Ende sollte es die Hamburger 865 Millionen kosten.
Aber die Hamburger wären doch jetzt froh. „Und die Elbphilharmonie ist nicht so ein blödes Schloss wie in Berlin!“, entfährt es dann auch noch dem Oberbaudirektor. Auf die Frage, was denn jetzt der städtebauliche Motor tatsächlich bewirkt habe und ob er dafür gesorgt habe, dass die Hafencity belebt und eine gute Durchmischung hätte, war die Antwort: „Ich glaube schon!“ Am Kaiserkai gäbe es doch sogar baugenossenschaftliche Wohnungen.
Ein Blick in den Immobilienscout zeigt sofort, die durchschnittlichen Mieten kann sich in der Hafencity nicht jeder leisten. Das traut man sich an diesem Abend wohl nicht zuzugeben. Und zugegebener Maßen sind Brandschutz und Fluchtfahrwege unmittelbar um die Elbphilharmonie auch nicht zu vermeiden gewesen. Sieht aus wie Gate Commuity. Hier Probleme zu benennen, die beispielsweise den Düsseldorfern bei der Entscheidung im Hafen neu zu bauen helfen könnten, wird grandios verpasst.
„Eine Frechheit, was hier gesagt wird“, schimpft dann sogar eine Kunstgeschichtsstudentin draußen vor der Tür. Vor kurzem hätte sie die Elbphilharmonie und das Osloer Opernhaus besucht. Elitärer Bau sei einfach nicht sozial gedacht! Vielleicht bringen die Impulsreferate und die Diskussion der letzten Runde im MAKK-Begleitprogramm am 18. Juni mehr Einsichten. Da geht es um „Sanierung oder Neubau – eine Wahl zwischen Pest und Cholera“. Unter anderem, um das Beispiel des neuen Konzertsaals im Kulturpalast Dresden. Auch die Oper am Rhein lädt noch einmal zu einer Diskussionsrunde am 12. Juni ein.