Dame Janet (Baker) wird 90.!

Dürfte Kollege Klaus Kalchschmid nur eine CD mit Janet Baker auf die berühmte einsame Insel mitnehmen, es wäre der Livemitschnitt vom 4. Juli 1983 aus der Concert Hall in Snape Maltings in Suffolk. An der Seite des kongenialen Lied-Pianisten Geoffrey Parsons kann man hier wie in einem Brennglas die Kunst der begnadeten Mezzosopranistin mit dem so unverwechselbar keusch-sinnlich vibrierenden Timbre erleben. Janet Baker feiert morgen, Montag den 21. August ihren 90.Geburtstag. (Von Klaus Kalchschmid)

Janet Baker – The Great Recordings, 2013 bei Warner Classics erschienen

Jedes einzelne der englischen Lieder, aber auch jede der drei italienischen Arien aus Opern von Lully, Benedetto Marcello oder Gluck, mit denen das Programm beginnt, sind ebenso exquisit gesungen wie mit großer Natürlichkeit artikuliert. Sie klingen und schillern zauberhaft wie eine kostbare Perle. Dame Janet war damals schon 50 Jahre alt, aber auf dem Zenit ihres Könnens. Und sie veredelte damit vom Barock (Cavalli, Purcell, Händel) über Gluck und Mozart in diversen Gesamtaufnahmen bis zu den Liedern von Schubert, Schumann und Wolf einfach alles. Aber auch den Songs von Ralph Vaughan Willams, Gerald Finzi und Lennox Berkeley (auf dem genannten Mitschnitt) widmete sich die Britin mit Kunstfertigkeit und einer selten erreichten Selbstverständlichkeit des Ausdrucks; nicht zu vergessen Benjamin Britten.
Legendär sind ihre Berlioz-Aufnahmen (Les Nuits d’étè, La Mort de Cléopâtre, Beatrice et Benedict oder La damnation de Faust) und der Mitschnitt von Mahlers Lied von der Erde. Das Konzert vom 27. Februar 1970 im Münchner Herkulessaal unter Rafael Kubelik an der Seite des Tenors Waldemar Kmentt zählt zu den besten und schönsten (Live-)Aufnahmen dieses Werks. Wie Janet Baker den halbstündigen „Abschied“ in Schönheit und Tiefe des Ausdrucks singt, ist schlicht unübertroffen.

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Janet Baker 1967. Foto: Ron Kroon (Wiki Commons)

Jens Malte Fischer schrieb schon vor 30 Jahren in seinem Buch Große Stimmen (Metzler, als Taschenbuch bei Suhrkamp erschienen): „Jenseits allen schönen Gesanges transportiert die Stimme und Kunst Janet Bakers etwas Besonderes, das man umschreiben könnte als die Aura von Größe, Einfachheit, Klarheit und Ruhe. So klar und offen ihr Gesicht ist (mit der charakteristischen Stupsnasigkeit), so auch ihre Stimme und ihr Singen. Sinnlichkeit und Emotion sind gezügelt, ihr Mezzosopran besitzt eine Schönheit, die nicht überwältigt, sondern rührt und berührt.“

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