Alle glauben, Carmen zu kennen! So Lydia Steier, die für ihre Kölner Neu-Inszenierung von Georges Bizets Erfolgsoper in der Vorstadt Hürth geforscht hat

Lydia Steier ist 1978 in Hartford im Bundesstaat Connecticut geboren, hat am Oberlin Conservatory of Music in Ohio Gesang studiert und anschließend Regie an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Dann kommt sie nach Berlin, um ihre Magisterarbeit über das deutsche Regietheater zu schreiben und nimmt gleich ihre ersten Regiearbeiten in Angriff. Der Deutschlandfunk erklärt sie 2009 für ihre Inszenierung von Ferruccio Busonis “Turandot” zur Entdeckung des Jahres. In Mainz nimmt ihre Karriere Fahrt auf. Für die deutsche Erstaufführung von Pascal Dusapins „Perelà“ wird sie 2015 gleich zweimal für den Faustpreis nominiert. Karlheinz Stockhausens „Donnerstag“ aus Licht in Basel im Jahr darauf wird von der Zeitschrift Opernwelt zu Aufführung des Jahres gekürt. Für Köln hat sie zuletzt Giacomo Puccinis “Turandot” inszeniert. Und jetzt sitzen wir in einem Container vor dem Kölner Staatenhaus, derzeitige Ersatzspielstätte, damit sie mir etwas über die neue Carmen-Produktion verrät, die Sonntag Premiere feiert. Und natürlich bin ich gespannt, was sie mir Neues über ihre Carmen verraten wird…

Wie laufen die Proben?

Gut, gut, wir kommen gut voran. Es ist ein spannendes Projekt. Tolle Menschen auf und hinter der Bühne!

Carmen sei die meist gespielte Oper der Welt…

… Mehr als die Zauberflöte?

…habe ich gerade in einem Programmheft gelesen … Wie oft haben Sie eigentlich eine Carmen-Aufführung gesehen? Oder eine Rolle aus Carmen gesungen? Sie sind ja ausgebildete Opernsängerin

Ich glaube, ich habe dieses Quartett Mercedes einmal an der Uni gesungen. Ich habe natürlich mehrere Aufführungen von Carmen gesehen, auch ganz konventionelle Produktionen. Auch eine mit Carmen als Hexe an der Komischen Oper von Sebastian Baumgarten (deutscher Regisseur) gesehen. Alle glauben, Carmen zu kennen. Jeder hat eine Bild von der Figur im Kopf. Das hat ein Regisseur dann im Kopf und muss sich damit auseinandersetzen.

Das ist harte Arbeit mit einem Mythos, der überlagert ist von vielen Schichten. Wie sind Sie als Regisseurin vorgegangen, um ihre eigene Sichtweise auf die Hauptfigur zu entwickeln? Haben Sie sich Filme angeschaut? Zigeunerfilme oder sind Sie nach Andalusien gereist?

Ich habe viel Zeit in Spanien verbracht, aber nicht in Andalusien. Es ist zu einfach darauf reinzufallen, dass Carmen nur eine Projektionsfläche ist. Die Frau als Verführerin, als Männerfresserin, dass kann man nicht unreflektiert auf die Bühne bringen. Das finde ich als Frau uninteressant.

Also diese Männersicht?

Ja, und dass man diese Figur immer nur durch die Augen von Don José sieht. Natürlich ist Don José eine zentrale Rolle, und dass er seinen Verstand, seine Logik und Angemessenheit verliert, das ist eine wichtige Geschichte. Wer ist Carmen ist für mich aber eine viel wichtigere Frage und stand im Zentrum des Stücks. Ich habe noch keine Fassung erlebt, wo die Figur und der Druck, den die Gesellschaft auf sie ausgeübt hat, erfolgreich dargestellt wurde.

Diese Frau liebt wen sie will, wenn sie ihren Liebhaber nicht mehr liebt, gibt sie ihm den Laufpass. Dass sie dafür umgebracht wird ist heute eher unüblich. Wer ist denn diese Carmen überhaupt?

Liebhaber, das klingt doch auch wieder danach: ich fresse Liebhaber, weil es mir Spaß macht. Ich finde das zu oberflächlich, dass man den Text der Habanera als den Machtschrei einer sexuell entfesselten Frau sieht. Das ist es nicht. Es geht für sie tiefer. Carmen sehnt sich nach der echten Liebe. Sie ist nicht nur kaprizös oder sexbesessen und manipulativ. Das wird auch vorgeführt, dass sie ihre sexuelle Macht benutzt, um den Weg zu finden. Es muss aber mindestens einen Moment geben im 1. Akt, wo sie sich richtig in Don José verliebt. In unserem Konzept sind alle Männer wie Zuniga oder Morales solche – Entschuldigung – Hunde, die sie anschauen, als wenn sie ein Stück Fleisch wäre. Und dann sieht sie Don José, der etwas anderes darstellt. Er gehört nicht dazu, er kommt von außerhalb und ist ihr nicht wie verzaubert nachgelaufen. Das sieht sie. Und wenn sie sagt, ich liebe Dich heute und morgen wieder nicht. Das sind Worte, aber sie sucht doch irgendetwas in ihm und ist enttäuscht, wenn er dann zeigt, dass er auch nur Machtbesessen ist wie alle anderen.

Die Suche nach wahrhafter Lieber wäre das etwas authentisches an dieser Figur. Dass sie eben nicht Objekt oder Projektionsfläche sein will, sondern ein Mensch, der sich nach Liebe sehnt?

Komplett, wir wollten eine Carmen präsentieren, die mehr Dimensionen hat als eine Standard-Carmen, wo nur ihre Auswirkung auf andere im Fokus ist. Aber wer sie ist? Sie ist ein Mysterium in einer Gesellschaft, die meint, sie zu kennen!

Wie hat die Besetzung der Hauptrolle mit Adriana Bastida Gamboa auf die Gestaltung eingewirkt? Carmen ist ja im Stück eine rassige Andalusierin, was mit Zigeunerin gleichgesetzt werden könnte.

Es ist zu aller erst mal eine angenehme Zusammenarbeit gewesen. Sie kommt aus Kolumbien. Sie versteht also vor ihrem Hintergrund was es heißt, Aussenseiter zu sein. Es gibt in Kolumbien die Farc und Menschen, die im Dschungel leben, die eine Gegengesellschaft aufgebaut haben. Da hat sie vor ihrer Vergangenheit ein anderes Verständnis. Martin Muehle – Don José – kommt auch aus Südamerika, er ist Brasilianer. Und das war lustig die beiden zu erleben. Die haben durch ihre lateinamerikanische Kultur einen anderen Blickwinkel auf die spanische Kultur. Eine koloniale Sicht auf dieses Spanien. Sehr interessant!

Spannend. Carmens Liebhaber Don José verhält sich ja eigentlich eher wie ein Antiheld und hat Angst vor Freiheit. Seine irrationale Zerstörungswut könnte das etwas heutiges haben?

Man spricht da heute von „toxischer Maskulinität“. Eine Frau muss gehorsam sein oder muss sich unterwerfen. Aber Don José ist bei uns ein guter Mensch! Er kommt aus Navarra, ist in Sevilla und entdeckt die Frau, nach der sich alle verzehren, die plötzlich an ihn gekettet ist. Und er muss auf sie aufpassen. Eigentlich wird von ihm erwartet, dass er wieder nach Hause kommt, dort eine nette Frau heiratet, ein Bauernhaus baut oder so etwas. Und plötzlich sieht er Carmen als Ausweg für sich. Es ist wird ein Bedürfnis von ihm, dann mit ihr so etwas aufzubauen. Aber das führt zu einer völligen Fehlinterpretation von gegenseitigen Erwartungen. Was Don José von Carmen will ist nicht das, was Carmen von ihm will. Und was sie braucht, dieses Bedürfnis von Freiheit, kann vielleicht auch nicht von einem anderen Mensch bedient werden.

Oder aber es fehlt Don José ganz einfach der Mut, es mit dieser Frau anders zu versuchen. Er steht ja eher als ein Bürgerlicher da. Auch wenn er ein Außenseiter ist, hat er den Wunsch bürgerlich zu sein. Und oft sind ja gerade die Außenseiter später die extrem Angepassten.

Ja, er ist wie ein Typ, der zum Studium nach Berlin geht, Party macht. Dann lernt er eine Frau kennen, die in einer Band spielt, dann sind sie ein paar Jahre zusammen und dann sagt er, komm, wir ziehen uns wieder in den Westen zurück, haben ein paar Kinder und wohnen in einer Vorstadt. Und sie sagt, was? Aber ich wollte, dass er genau so ein Sympathieträger ist wie auch Carmen. Da sind zwei Menschen, die untergehen. Sie sind beide Opfer in einer harten Struktur, die keinen Ausweg lässt.

So kann man mit ihnen mitfühlen. Zu schwarz-weiß charakterisiert blieben sie Schablonen, die einen nicht berühren.

Komplett!

Regisseurin Lydia Steier und Kostübildner Gainluca Falaschi. Foto: Oper Köln
Regisseurin Lydia Steier und Kostübildner Gainluca Falaschi. Foto: Oper Köln

In Ihrer Inszenierung spielt Religion eine Rolle und Stierkampf! Aber doch nicht, weil der Gegenlover Escamillo ein Stierkämpfer ist?

Nein, wir haben recherchiert. Es gab Göttinnen, die alle angebetet haben, aber die keiner mehr kennt. Mysteriöse Frauenfiguren. Wir haben eine 1000 Jahre alte Artemis von Ephesos entdeckt, die ist behängt mit Stierhoden! Das sieht aus wie Hunderte von Brüsten und sind aber tatsächlich Stierhoden, gemeißelt aus Stein, ein geiles Bild! Sie sind ein Symbol für ihre Macht, für Kontrolle über Liebe und Tod und Fruchtbarkeit. Eine starke Figur. Dagegen gibt es Bilder von Picasso, seine Stierbilder. Der tote Stier ist bei ihm oft eine tote Frau…

Die Umkehrung? Die Stiere sterben für die Göttin und jetzt stirbt die Frau für den Stier?

Es gibt viele Bilder in der Kunstgeschichte, wo die Frau stirbt, denn das ist eine ultimative Art, jemanden zu besitzen. Wenn das lebendig nicht funktioniert, dann wenn sie tot ist …

So ist es ja auch in der literarischen Vorlage von Prosper Mérimée. Don José versteckt die Leiche, weil er sie besitzen will...

Das ist eine Kultur! Ich habe mir viele Filme von Fernando Arrabal angeschaut. (Arrabal ist ein 1932 geborener spanisch-französischer Schriftsteller, Dichter und Dramatiker des absurden Theaters. Er ist Begründer der Mouvement Panique, die mit Schockästhetik bürgerliche Moralvorstellungen hinterfragen wollte. In seinen Filmen setzt er sich mit der Franco-Zeit und dem spanischen Bürgerkrieg auseinander) Sein Film Guernica Baum (1975 El árbol de Guernica) ist eine Hauptquelle von uns. Auch sein Film Vive le muerte (1971). Da gibt es eine große Sequenz mit einer Dame, die einen Stier schlachtet und sich in seinem Blut wälzt. Solche Bilder gibt es nicht in unserem Stück, und wenn, sehr reduziert und ästhetisch, so, wie ich das immer mache. Aber dennoch geht es auch um die Verbilligung der Frau. In Form von Fleisch. In Form von Käuflichkeit, als etwas Konsumierbares. So, wie die Stiere zerlegt werden und das Fleisch verkauft wird. Aber dann gibt es noch die andere Seite, die Anbetung der Frau als Heilige. Das sieht man immer noch in der spanischen Kultur, bei den religiösen Züge, wenn Heilige durch die Straßen getragen werden. Ich habe so ein Fest um die Jungfrau Maria in La Palma auf Mallorca erlebt. Ein Riesenfest um eine mysteriöse und kalte Frau, die alle anbeten. Aber die niemand kennt. Das war für mich ein prägnantes Gegenbild zum käuflichen Fleisch.

Da sind wir dann doch wieder bei Projektionsflächen. Das, was man nicht versteht, wird mit einem Bild belegt. Religion macht ja auch nichts anderes. Stichwort Bilder. Sie haben mir mal in einem Interview gesagt, bei einem intelligenten, tiefschürfenden Musiktheater müsse man Bilder im Kopf behalten und mitgerissen werden. Dazu gehören bei Ihnen aber auch immer komische Bilder. Auch in dieser Carmen-Aufführung?

Natürlich. Wenn manche Momente dunkel sind, das ist bei Carmen immer der Fall, dann werden die noch dunkler, wenn man die helle Seite hat. Es geht nicht von sieben auf zehn, sondern von eins bis zehn! Es gibt lustige Figuren. Micaëla ist bei uns nicht die immer lang ersehnte Liebhaberin…

… also die ewig Zukurzgekommene!

Nein, sie ist eine Freundin von Don Josés Mutter, eher Tantenhaft, bringt ihm Süßigkeiten von zuhause mit und ist eher eine verklemmte Kirchenfrau. Sie verkörpert die Erwartung an seine Zukunft. Und sie ist nicht nur eine nette Dorffrau. Man sieht den Kontrast so stärker. Und es gibt natürlich Shownummern, Tanz und viel Ironie…

Was nehmen Sie denn ironisch auf die Schippe?

Der Escamillo-Charakter. Er hat seinen Hauptauftritt im zweiten Akt. Ihm einen Tiefgang zu geben ist wirklich schwierig. Er ist ein Star, und das machen wir überdimensional groß. Es macht Spaß, mit der ganzen Skala zu arbeiten. Und es ist eine Show. Es ist lustig, es ist sehr tragisch und hart und vor allem kontrastreich!

Mit dem Folklorismus, dem Hispanismus in der Oper, wie gehen Sie damit um? Nehmen sie das auch auf die Schippe?

Wir sehen eine Riesen-Maria auf einem Wagen und einen goldenen Altar mit Kuppel. Das sind Symbole von Spanien. Sie werden in Prozessionen gezeigt. Es gibt aber auch Kastagnetten auf der Bühne, ein Standard. Aber so etwas wie Denyce Graves als Carmen bei der Metropolitan Opera in den 90er Jahren, das gibt es nicht. Auf jeden Fall ist es von der Bildsprache her spanisch identifizierbar.

Es wird also nicht nur mit dem Stier abstrahiert, es gibt auch folkloristische Kostüme …

Ja, und wir haben einen religiösen Karnevalsumzug im vierten Akt als Auftakt zum Stierkampf. Und man sieht auch Riesen-Picadores auf Riesen-Wägen und die Maria, die da durchfährt. Es ist das Heilige, das Heitere, und wie es ist bei Stierkämpfen, man weiß, dass es um Tod geht.

Ist das eigentlich immer noch so in Spanien? Haben die religiöse Prozessionen eine Bedeutung? Wenn wir so eine Prozession sehen ist das doch eher etwas Touristisches, das man ansieht wie aus einer anderen Welt?

Was ich dort gesehen habe, aus meiner Erfahrung ja, und ich finde es super, weil man mitgerissen wird. Es ist nicht mein Hintergrund, ich bin keine Katholikin. Ich bin aber immer sehr berührt von der Ernsthaftigkeit und der Stärke der Symbolik. Das sind Momente, die mich verstummen lassen. Ja, ich habe das mehrmals erlebt in Spanien. Da ist aber auch eine gewisse Ironie dabei, auch in unserem Stück über diese Religiosità in der spanischen Bildsprache.

Momme Hinrichs und fettfilm sind nicht selten ihre Bühnebildnerischen Begleiter. Wie gestalten sie Sevilla?

Wir haben eine Riesenmarkthalle am Anfang. Diese Hallen waren für mich eine Riesenerfahrung. Ich habe vor vielen Jahren mit Calixto Bieito zusammengearbeitet. Um unsere Stücke vorzubereiten haben wir uns in Barcelona getroffen. Natürlich ist es nicht Sevilla, aber die Markthalle und die Atmosphäre wo alle hinkommen mit ihren Shoppingkörben, das ist überall so und das ist für uns der 1. Akt. Im Staatenhaus hat man ja immer eine Einheitsbühne, das ist der Rahmen und Teile fahren rein und raus. Es ist wie unsere Turandot, nur etwas anders konzipiert wegen der aktuellen Orchesterpositionierung. Wir befinden uns im 1. Akt in einer Markthalle, die rein und rausfährt. Wir befinden uns in einem mysteriösen Kirchenraum im 2. Akt. Auch für Lillas Pastia …

… was, keine Kneipe…?

Nein, nein, nein. Aber vielleicht haben sich nur die Funktionen etwas umgewandelt… Im 3. Akt zitieren wir dann eine beliebte Straße in Köln-Hürth, wo Wohnwagen stehen. Das ist ein Straßenstrich. Was machen die in der Oper in den Bergen? Die schmuggeln was. Und es geht um die Wertung von Frauen in einer Gesellschaft. Ein Straßenstrich hat sehr viel zu tun mit der Bewertung von Frauen in einer Gesellschaft.

Wie sind Sie denn auf diese Straße gestoßen?

Wir fahren jeden Tag an diesem Ding vorbei. Das ist unser direkter Weg zur Probenbühne und zurück. Und wir haben sogar die Bemalung von einem dieser Wohnwagen zitiert. Im dritten Akt sieht man eine „Postkarte“ aus Hürth! Und im vierten Akt sind wir vor der Stierkampfarena. Was Momme Hinrich toll macht, es ist immer so verwandelbar. Man kann 1000 Sachen damit machen. Etwas für tiefgründige Momente kann sich plötzlich drehen, sich verwandeln und ist etwas komplett anderes. Es ist auch zauberhaft in diesem Raum im Staatenhaus. Ich liebe es, in diesem Raum zu produzieren, weil man soviel machen kann. Wie eine Zauberkiste, aus der man viel herausziehen kann. Und das machen wir hier mit Carmen!

Im Staatenhaus haben Sie nicht die Einschränkungen vom Bühnenraum in einem normalen Opernhaus. Gut, der hat auch Vorteile, der Schnürboden, aus dem Bühnenturm kann man viel runter lassen, aber man hat natürlich nicht die Weite…

…dieses Cinemaskop, diese panoramische Wide-Screen Imax Qualität. Es ist auch eine andere Zuschauer-Erfahrung. Es ist so nah am Zuschauer. Es gibt keinen Orchestergraben, hat auch Vor- und Nachteile, vor allem akustisch, glaube ich. Da kann ich nicht zu viel zu sagen, aber ich finde, es klingt ganz gut. Das Publikum, die Menschen, sind aber keine zwei Meter weg von der action. Das ist etwas sehr besonderes. Ein Riesenvorteil von diesem Raum. Auch wenn das Haus wieder spielt, fände ich es schade, hier nicht mehr produzieren zu können.

Wir werden das weitergeben. Haben wir noch etwas vergessen zu erwähnen?

Ich bin ja immer vorsichtig, wenn man bei Carmen über Stierkampf und Religion spricht. Das klingt sofort sehr kopfig. Ich kämpfe natürlich damit, gute Antworten zu geben. Aber eigentlich ist unsere Inszenierung bunt und lebendig. Und wir nutzen diese beiden Ausgangspunkte eigentlich nur für neue Inputs, die die Figuren reicher machen. Das sind eigentlich nur Anfangspunkte. Wir nutzen sie, um Themen zu zünden. Quasi als Startschüsse, und dann spinnen wir weiter… Sie wissen, ich bin US Amerikanerin und mit Broadway aufgewachsen. Ich mache Show!

Da hilft natürlich auch die Musik dabei. Schmissig…

… und Ohrwurm nach Ohrwurm. Wir haben eine sehr sportliche Fassung. Sehr kurzweilig.

Mit Claude Schnitzler als Gastdirigent, vielleicht ein paar Worte über ihn!

Ja, der macht voll mit…

Haben Sie sich mit ihm vorher besprochen?

Es gab ein paar Spielelemente, wo wir zusammen kommen mussten. Die Kastagnettennummer am Ende des 2. Akts ist bei uns keine Tanz- und Stampfnummer, sondern ein Schlaflied. Das ist der Moment, wo Carmen normalerweise Kastagnetten spielt. Und das ist immer peinlich, weil keine Sängerin kann Kastagnetten spielen. Für uns ist das eine intime Szene geworden. Don José kommt zurück, nach drei Monaten Knast. Er hat für sie gesessen. Er kommt zurück und ist gebrochen von seinen Erfahrungen. Und sie tröstet ihn. Da hat Claude etwas sehr Schönes erfunden. Da war die Zusammenarbeit wichtig. Es gibt kein Tischestampfen. Die Noten sind die gleichen, aber die Atmosphäre, die Claude entstehen lässt ist ganz warm und intim. Es ist mein Lieblingsmoment im Stück.
(Das Gespräch führte Sabine Weber)

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