Glanz und Pracht in Lullys „Te Deum“ mit Les Epopées unter Stéphane Fuget

Jean-Baptiste Lully bedient in dieser geistlichen Musik nicht nur die große Opernklaviatur, sondern fügt Pauken und (sic) sieben Trompeten hinzu, um dem lateinischen Text des „Te Deums“ das Klangbild der Majestät zu verleihen. Stéphane Fuget und sein Ensemble Les Épopées, samt Chorverstärkung von Les Chantres und dem Kinderchor Les Pages am Centre de Musique Baroque de Versailles glänzen in ihrer „Collection des Grand Motets“ mit einer neuen Aufnahme. (Von Sabine Weber)

Label Centre de Musique de Barocke de Versailles. CVS117

Wer Gott in Frankreich preist, huldigt natürlich auch dem König! Dass es sich bei Jean-Baptiste Lullys Te Deum um Herrschaftsmusik handelt, kitzelt Stéphane Fuget mit seinem Ensemble Les Epopées aus jeder Note heraus. Vor den ersten titelgebenden Kopfsatz Te Deum laudamus setzt er noch zwei königliche Pauken-Trompeten-Märsche von Dunican Philidor.

Engel-, Apostel-, Märtyrerheerscharen

Das musikalische Prachtgehabe hat in Lullys Te Deum Façon. Im Wechsel von scheppernder Heeresmusik und den Vingt-quatre Violons, einem Petite Choeur für exquisite solistische Basso-continuo-Einsätze, und sogar ein Kontrabass ist dabei. Eigentlich spielt er erst mit Rameau offiziell im französischen Orchester mit. Dazu gibt es ein exquisites achtköpfiges Gesangsensemble. Die Namen sind auf der Internetseite zu finden. Im Booklet werden sie nicht verraten. Solisten wie Chor agieren organisch aus dem Ganzen. Sie beschwören Engel-, Apostel-, Märtyrer-, alle schillernden Heerscharen. Trompeten schmettern und trillern furios, was mit irgendwie falschen Noten passiert, dennoch einen ungeheuren Effekt liefert. Und wie in Wimmelaltarskultpuren winden sich analog deren Blicke und Hände, bei Lully solistische Stimmen, in den Himmel. Lully akkumuliert sie im Verlaufe eines Satzes und setzt dazu noch homophon Violinen, die in dieser Aufnahme durch feine Agréments auffallen.

Lebendiger französischer Großklang

Das fällt besonders im Quos Pretioso auf, wenn das Solistenensemble geradezu mystisch das kostbare, weil erlösende Blut beschwört. Auf musikalische Abwechslung hat Lully trotz permanent beibehaltener großen Attitüde Wert gelegt. Plötzlich ein Nachsatz, der wie eine französische Ouvertüre klingt, schwingende Dreierrhythmen für Jubel und eine schmerzliche Molleintrübung, wenn Gnade erbeten wird. Das Wort Sünder wird übrigens vermieden. Hier geht es um Gottes höchste Diener, den König und sein Gefolge, die darauf zählen, einst zu den Heiligen im Himmel gezählt zu werden. Fast aggressiv wird Gott als Richter akklamiert. Wunderbar agogisch wird das alles zelebriert. Die Inégalité, die leicht jazzigen Triolen, haben diese französischen Musikerinnen und Musiker im Blut, ebenso das verschmelzende Unisonospiel von Oboen und Violinen in den Oberstimmen. Das ist lebendiger französischer Klang, wie wir ihn lieben. Auch die französische Aussprache des lateinischen Textes ist perfekt. Zu bemängelnd wäre allenfalls die merkwürdige Tracksetzung nach Versen und nicht nach der Musik. Heißt, wenn ein Track angesteuert wird, erfolgt die Landung im Nachhall oder sogar mitten im Satz. Gab es keine andere Lösung?

Was des Königs Genesung feiert, ist Lullys Tod

Der Einführungstext im Booklet – auch auf Deutsch – erläutert interessante Details zur Entstehungsgeschichte dieses Te Deums von 1677, das Lully ein zweites Mal 1687 in der Prunkkapelle von Fontainebleau, anlässlich der Genesung des Königs von einer riskanten Operation, aufführt. Dabei soll sich Lully mit einem auf den Boden schlagenden Taktstock am Fuß so verletzt haben, dass er an den Folgen einer Entzündung sechs Wochen später verstirbt. Was des einen Genesung feiert, ist des anderen Tod! Weil Lullys Exaudiat Domine, eine freie Psalmvertonung, auch mit diesem tragischen Jahresdatum versehen von Sébastien de Brossard überliefert ist, wird diese Grand Motet auch noch mit auf die CD gebannt. Sie ist ziemlich wahrscheinlich auch die letzte große Motettenkomposition Lullys gewesen. Nicht weniger prunkvoll endet sie, mit der Doxologie (Gloria, Patri et filio) in einer gigantischen Apotheose. Lullys herrschaftliche geistliche Musik wird hier mit Glanz und Pracht serviert! Diese CD ist auch im Klang hervorragend aufgenommen!

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