Die Kölner Musiktheaterklasse probt derzeit eine Oper, in der auf offener Bühne vergewaltigt wird! Um nichts anderes geht es in Benjamin Brittens „The Rape of Lucretia“. Auch wenn der Stoff, den Benjamin Britten 1947 unmittelbar nach seinem Erfolg von „Peter Grimes“ in Angriff nimmt, in die Antike verweist, er ist radikal modern! Leider! Warum Pazifist Britten unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Drama einer vergewaltigten Frau durch einen Testosteron-gesteuerten Kriegsherrn seine Serie von Kammeropern eröffnet, darüber ließe sich natürlich trefflich spekulieren. Britten selbst hat darüber geschwiegen. Der Stoff sorgt in Köln derzeit dafür, dass junge Gesangsstudentinnen und -studenten an der Hochschule für Musik und Tanz Köln existenzielle Erfahrungen machen. Das betrifft nicht nur die Sängerinnen und Sänger, die die acht Rollen auf der Bühne ausfüllen. Ein studentisches Team entwickelt ausgehend von der Regie ein Begleitprogramm. „Wo fängt sexuelle Belästigung an?“, und „Wo schleicht sich Machtmissbrauch ein?“, fragen sie unter anderem in einer künstlerisch durchdrungenen Ausstellung mit Metaphern, Bildern und aufbereiteten Fakten. Dazu gehört auch der herausfordernde Monolog „Vergewaltigung“ von Franca Rame, der inszeniert wird. Die Präsentation soll für das Publikum in mehreren Räumen zugänglich sein, vor, während und nach den geplanten Aufführungen am 26./27./28./29. April in der Aula der Musikhochschule Köln. Die Vorbereitung sorgt bereits für viel Diskussionsstoff während und in den Klavier-Proben, geleitet von Teresa Riveiro Böhm und Maria Keller aus der Dirigierklasse für Musiktheater von Alexander Rumpf. Gabriele Rech führt Regie. Erstmals für ein Studentenprojekt hier in Köln. Es war auch ihre Idee, diese Oper in Angriff zu nehmen und auch die MeToo-Debatte in der Hochschule unter die Studierenden zu bringen. (Von Sabine Weber) Die Opernklasse an der Musikhochschule Köln fragt #MeToo? Und spielt und diskutiert sexuellen Missbrauch weiterlesen