Für „Dido and Aeneas, remembered“ hat Regisseur David Marton etwas gemacht, was bei Londoner Aufführungen zu Purcells Zeiten üblich war. Nämlich zwischen die Musiknummern einer Oper Schauspieleinlagen zu schieben. Freilich hier kein William Shakespeare oder John Dryden. Bei der aktuellen „Dido and Aeneas, Remembered“ gräbt sich neu erfundenes Götterpersonal, Jupiter und Juno, archäologisch in die Vergangenheit, um die Zukunft zu suchen, und rezitiert aus Vergils Aeneis. Außerdem thront E-Gitarrist Kalle Kalima in weißem James-Last-Anzug rechts über der leichten Orchestergraben-Vertiefung und führt das Ensemble mit jaulend bis rhythmisch quietschenden, aber auch melodiös-bluesigen Noten durch von ihm neu hinzu komponierte Klangflächen. In das Sängerpersonal, nebst Chor, ist Erika Stucky geschmuggelt. Die amerikanisch-schweizerische Stimmkünstlerin hat einen laut scheppernden Auftritt. Sie zieht mit Schippe von hinten ein, wobei die Schippe auf den Boden kracht und das Publikum auf der Riesentribüne irritiert. Sie ist ja erstmal nicht zu sehen.
Auf der Bühne angekommen schlägt sie auf Stiel und Schaufel, um ihren Jazz-Volksmusik-freien Scatgesang zu begleiten und ruft die bösen Geister auf den Plan. Vor allem gibt sie der Rolle der Purcell‘schen Hexe ganz neue Farben. Das Außergewöhnliche fügt sich in dieser dritten experimentellen RT 19 Musiktheaterproduktion ganz wunderbar! (Von Sabine Weber)