Archiv der Kategorie: Oper

So wird ausgegrenzt! Aribert Reimanns Oper „Medea“ führt vor, wie einer Frau alles genommen wird und wie sie sich rächt!

„Medea“ ist eine never ending story! Von Euripides dramatisiert, von Seneca aufgegriffen, in der Neuzeit von Grillparzer, Jean Anouilh, Christa Wolf, und von Marc Antoine Charpentier, Luigi Cherubini und in einem Melodram von Georg Anton Benda, unter anderen, vertont. Aribert Reimann hat für seine achte Musiktheaterproduktion auf den Medea-Stoff zurück gegriffen. Zu erleben im Aalto-Theater in Essen. (Von Sabine Weber) So wird ausgegrenzt! Aribert Reimanns Oper „Medea“ führt vor, wie einer Frau alles genommen wird und wie sie sich rächt! weiterlesen

Frankensteins Kreatur ringt in Brüssel um Liebe! Mark Greys abendfüllende Oper „Frankenstein” feiert 200 Jahre nach der Veröffentlichung von Shelleys Novelle ihre Uraufführung am De Munt/La Monnaie

Shelleys 1818 veröffentlichter Schauerroman ist einer der bedeutendsten seiner Gattung und auch verfilmt worden. Es ist allerdings schon eine Weile her, dass Kenneth Branagh mit seiner Frankenstein-Verfilmung ins Kino kam. Über Mel Brooks „Frankenstein Junior“ mit Gene Wilder und dem glubschäugigen Marty Feldmann aus den 1970ern können wir heute immer noch lachen. Gedreht wurde diese köstliche Parodie auf den Horror sogar an Drehorten der ersten Frankenstein-Verfilmung von 1930 mit Boris Karloff in der Monsterrolle. Derzeit sind Mary Shelley und ihr faustischer Wissenschaftler in Opernhäusern angesagt! Der Schweizer Komponist Michael Wertmüller hat in „Diodati.Unendlich“ am Theater Basel nach dem Movens von Shelleys Wiedererweckungs-Sci-Fi gesucht und ist im Kernforschungszentrum CERN gelandet. Im De Munt/ La Monnaie fokussiert der US-amerikanische Komponist Mark Grey die Seins-Bedingungen der Frankenstein-Kreatur und entdeckt Einsamkeit und Liebessehnsucht im Permafrost! (Von Sabine Weber) Frankensteins Kreatur ringt in Brüssel um Liebe! Mark Greys abendfüllende Oper „Frankenstein” feiert 200 Jahre nach der Veröffentlichung von Shelleys Novelle ihre Uraufführung am De Munt/La Monnaie weiterlesen

„Sörsi goes Las Vegas!“ Bei den internationalen Händelfestspielen in Karlsruhe werfen sich die Countertenöre Franco Fagioli und Max Emanuel Cencic für die Derniere von Händels „Serse“ noch einmal so richtig ins Zeug!

Serse als Glamourstar. Foto: Falk von Traubenberg
Serse als Glamourstar. Foto: Falk von Traubenberg

Auch die Derniere im Badischen Staatstheater ist wieder restlos ausverkauft! Franco Fagioli ist bei den internationalen Händelfestspielen ja längst der Publikumsliebling und zählt nach seiner aktuellen Xerxes-Aufnahme diese Rolle zu seinen Majors! Aber das sollte jede und jeder eigentlich auf der Bühne erleben! Wie Fagioli mit Elvis-Perücke samt Koteletten und im Glitzeranzug die Rolle des ausgeflippten Stars auskostet. Und dabei mit bis zur Hypoxie durchgehaltenen Tönen, brillanten Kehltrillern und Koloraturen eine ausgeflippte Gesangsperformance abzieht. Kastraten waren ja auch die Glamour-Stars in Händels Opern! Max Emanuel Cencic steckt mit Karohose, Schnäuzer und Tropfenbrille in der „Loser“-Rolle von Serses zurückgesetztem Bruder Arsamene. Er darf zum großen Teil schön leiden, holt aber einmal zu der vielleicht virtuosesten Zornesarie im ganzen Stück aus. (Von Sabine Weber) „Sörsi goes Las Vegas!“ Bei den internationalen Händelfestspielen in Karlsruhe werfen sich die Countertenöre Franco Fagioli und Max Emanuel Cencic für die Derniere von Händels „Serse“ noch einmal so richtig ins Zeug! weiterlesen

Lord Byron and friends inmitten von Higgs und Schwarzen Löchern! Die Basler feiern mit „Diodati. Unendlich“ von Michael Wertmüller seine neueste Musiktheater-Erfindung. Lydia Steier hat Regie geführt!

Der Sommer 1816 war ein meteorologischer Ausnahmezustand, der für Kälte und Dauerregen gesorgt hat und die Touristen Gordon George Lord Byron, seinen Leibarzt John Polidori und Percy Bysshe Shelley in Begleitung von Mary Godwin, zukünftige Shelley, in einer Ferienvilla am Genfer See festgesetzt hat. Aus Langeweile und unter reichlich Drogen frönen sie der Lust und der Leiden und erfinden den Vampir und die Kreatur von Dr. Frankenstein. Später auch die tragischen Geschichten zu diesen beiden ersten berühmten aus Leichen geborenen Horrorgestalten. Aber nicht aus Lust am Gruseln werden sie kreativ, sondern um die Welt und ihre persönlichen Traumata zu heilen! Jedenfalls an diesem Uraufführungsabend, den der Thuner Komponist und seine Librettistin Dea Loher vorgeben durften. Lord Byron and friends inmitten von Higgs und Schwarzen Löchern! Die Basler feiern mit „Diodati. Unendlich“ von Michael Wertmüller seine neueste Musiktheater-Erfindung. Lydia Steier hat Regie geführt! weiterlesen

“Schade, dass sie eine Hure war” – Anno Schreiers sechste Oper wird in Düsseldorf zu einem Tatort über die Oper

Annabella (Lavinia Dames), Giovanni (Jussi Myllys). Foto: Hans Jörg Michel
Annabella (Lavinia Dames), Giovanni (Jussi Myllys). Foto: Hans Jörg Michel

Henze – Glanert – Schreier. Diese drei Opernkomponisten sind natürlich nicht die einzigen, die das Genre Oper nicht neu erfinden wollten und wollen, sondern durchaus im konservativen Sinne aus der Nachkriegszeit, an der Avantgarde vorbei, ins 21. Jahrhundert überführt haben! “Schade, dass sie eine Hure war” – Anno Schreiers sechste Oper wird in Düsseldorf zu einem Tatort über die Oper weiterlesen

Oh là là und Aïe aïe aïe! Das Gürzenich-Orchester läutet in einem musikalisch überschäumenden Neujahrskonzert das Offenbachjahr 2019 in Köln ein und hebt einen verschollenen Einakter halbszenisch aus der Taufe!

Inseklkönigin Oyayaye und Racle-à-Mort. Hagen Matzeit (Countertenor) und Matthias Klink (Tenor); Foto: Thomas Kost
Inseklkönigin Oyayaye und Racle-à-Mort.
Hagen Matzeit (Countertenor) und Matthias Klink (Tenor); Foto: Thomas Kost

Es gibt ja kaum etwas, das Jacques Offenbach nicht auf die Bühne gebracht hat. Wurzelgemüse, das ein Königreich usurpiert wie in „König Karotte“. Ein Hund, der besser regiert als alle Männer zusammen, wenn er von einer Frau geführt wird, wie in „Barkouf“. Nicht zu vergessen das in damals erstaunlich aktuellen Gesellschaftsintrigen verstrickte antike Götterpersonal! Da wundert es kaum, dass sein erster Einakter für Paris von der Inselkönigin Oyayaye handelt, die einem bei ihr gestrandeten Kontrabassisten droht, ihn in den Kochtopf zu werfen, sobald ihm der Esprit ausgeht. Oh là là und Aïe aïe aïe! Das Gürzenich-Orchester läutet in einem musikalisch überschäumenden Neujahrskonzert das Offenbachjahr 2019 in Köln ein und hebt einen verschollenen Einakter halbszenisch aus der Taufe! weiterlesen

Être ou ne pas être… Die Hamlet-Oper von Thomas Ambroise steht derzeit nicht nur auf dem Spielplan in Mönchengladbach. An der Opéra Comique wird derzeit eine Neuproduktion gefeiert

Der Narr, Andrew Nolen, hält die Aschenurne des ermordeten Vaters Hamlet, Raphael Bruck, hin. Foto: Mathias Stutte
In Mönchengladbach hält der Narr, Andrew Nolen, die Aschenurne des ermordeten Vaters Hamlet, Raphael Bruck, hin. Hinten tobt die Hofgesellschaft. Foto: Mathias Stutte

Ambroise Thomas ist ein absoluter Theaterpraktiker gewesen. Aufführungen müssen funktionieren und das Publikum überzeugen. Eine eigene unverkennbare Handschrift ist hörbar nicht sein Ziel gewesen. Aber eine erstaunliche und für Dirigenten faszinierende Stilvielfalt entfesselt Thomas im Orchestergraben. Être ou ne pas être… Die Hamlet-Oper von Thomas Ambroise steht derzeit nicht nur auf dem Spielplan in Mönchengladbach. An der Opéra Comique wird derzeit eine Neuproduktion gefeiert weiterlesen

Rauf und runter vom Sockel! In Bonn erlebt die Komödie mit Musik „Marx in London“ eine umjubelte Uraufführung.

Karl Marx, Mark Morouse, arnt vor der Gefahr des Kapitals! Foto: Thilo Beu
Karl Marx, Mark Morouse, warnt vor der Gefahr des Kapitals! Foto: Thilo Beu

Das war nicht vorhersehbar: ein prall gefülltes burleskes Musiktheater über Karl Marx begeistert das Publikum! Obwohl die Komödie nach einem Libretto von Charles Hart vorrangig Details seines nicht unbescholtenen Privatlebens pointiert. Aber der britische Komponist Jonathan Dove öffnet eine eklektizistische Wundertüte an Musik, präsentiert die Charaktere durch wirkungsvolle Stimmpartien, die in Bonn vom eigenen Ensemble auch hervorragend besetzt sind. Und das Stück-Szenario von Jürgen R. Weber, der auch Regie geführt hat, verquirlt virtuos banale bis hysterische Situationen mit kommunistischen Ideologiephrasen. Marx geht rauf und runter vom Ikonensockel! (Von Sabine Weber) Rauf und runter vom Sockel! In Bonn erlebt die Komödie mit Musik „Marx in London“ eine umjubelte Uraufführung. weiterlesen

Das Meer sind wir! – Frederic Wake-Walker und Nicholas Collon gelingt eine dramatisch wie musikalisch eindringliche „Peter Grimes“-Inszenierung an der Oper Köln

Marco Jentzsch (Peter Grimes), Darren Jeffery (Hobson) Foto: © Bernd Uhlig
Marco Jentzsch (Peter Grimes), Darren Jeffery (Hobson). Foto: Bernd Uhlig

Peter Grimes, ein großer tragischer Außenseiter, der von der Menge in den Selbstmord getrieben wird! An der Kölner Oper gelingt es, diese Tragödie nicht bloß als das Schicksal eines Einzelnen, sondern als vielschichtige Doppeltragödie zu inszenieren. Und der Chor entwickelt eine Eigenpersönlichkeit! (Von Jukka Höhe) Das Meer sind wir! – Frederic Wake-Walker und Nicholas Collon gelingt eine dramatisch wie musikalisch eindringliche „Peter Grimes“-Inszenierung an der Oper Köln weiterlesen

György Kurtágs Oper „Fin de Partie“ nach Samuel Beckett wird an der Scala uraufgeführt. Und lässt hören, wie Beckett zu Kurtàg wird!

Ein bedrückendes Setting in der Uraufführung von Fin de Partie in Mailand: Nagg in seiner Mülltonne (Leonardo Cortellazzi), Clov (Leigh Melrose) und Hamm (Frode Olsen) Foto: Ruth Walz
Ein bedrückendes Setting in der Uraufführung von Fin de Partie in Mailand: Nagg in seiner Mülltonne (Leonardo Cortellazzi), Clov (Leigh Melrose) und Hamm (Frode Olsen) Foto: Ruth Walz

Ob es Beckett gefallen hätte, können wir kaum glauben. Denn György Kurtág emotionalisiert, und dies ganz bewusst! Dennoch grenzt diese Beckett-Oper an ein Wunder. Mit fast 92 Jahren hat sich Ungarns – vielleicht sogar der Welt – berühmtester lebender Komponist den Traum einer ersten Oper verwirklicht! Bei allem, was er kompositorisch vorlegt, geht er streng ins Gericht. Nie eine Note zuviel, um so kondensiert wie möglich etwas auszudrücken! Und das oft mit einer humorvollen Note! Die braucht es auch für „Fin de Partie“, eine schwarz-düstere Parabel um vier behinderte Menschen, die wegwollen und nicht voneinander loskommen. In der es am Ende auch nicht zum Äußersten kommt. Kein Drama nirgends, dafür viele banale bis absurde Wortwechsel. Kurtág als musikalischer Dramaturg greift als sein eigener Librettist ein, folgt dem französischen Sprachklang Becketts Wort für Wort, versucht aber, Zwischentöne hörbar zu machen. Das, was jenseits der Gleichgültigkeit, die die Beckettschen Figuren an den Tag legen, an Bedürfnissen oder Verletzungen subkutan lauert. Die Klänge, die Kurtág dazu einfallen, verraten einen großen Meister der orchestralen Möglichkeiten! (Von Sabine Weber) György Kurtágs Oper „Fin de Partie“ nach Samuel Beckett wird an der Scala uraufgeführt. Und lässt hören, wie Beckett zu Kurtàg wird! weiterlesen