Archiv der Kategorie: Festivalberichte

Die Universe Symphony wird bei der Ruhrtriennale zum Charles Ives Universum! Christoph Marthaler, Anna Viebrock und Titus Engel in utopischer Mission für einen Komponisten, der seiner Zeit meilenweit voraus war!

Was kennen Sie von Charles Ives? Möglicherweise “The Unanswered question”, die in drei sich überlagernden Schichten eine philosophische Frage in den Raum stellt und seit Leonard Bernsteins Harvard Lectures ein Kultstück ist. Aber seine Sinfonien, Orchesterstücke, Klavierlieder, seine Streichquartette? Schon zu dessen Lebzeiten (1874-1954) sind sie ignoriert worden. Seine dritte Sinfonie bleibt 40 Jahre lang in der Schublade bis sie 1946 aufgeführt wird. Ives, über 70, mit einer Versicherungsgesellschaft wohlhabend geworden, winkt ab. Er kommt nicht zur Aufführung. Er hört sie im Radio. Die Sinfonie gewinnt den begehrten Pulitzer-Preis. Das Preisgeld verschenkt er. An seine Musik hat er immer geglaubt und komponiert. Und in einer kompromisslosen Art und Weise, er musste sich ja nicht um Aufführungsschwierigkeiten scheren. Also türmt er Klangschichten auf, lässt Dissonanzen reiben, arbeitet mit Mikrotönen und macht auch keinen Halt vor dem, was ihm musikalisch im alltäglichen Leben begegnet: Märsche und patriotische Lieder. Neben Kakophonie tönt es auch schon einmal richtig kitschig. Dieser Kosmos ist gerade bei der Ruhrtriennale zu erleben. Aus Charles Ives Relikten zu einer unvollendeten “Universe Symphony” haben Regisseur Christoph Marthaler, Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Viebrock und Dirigent Titus Engel ein Charles Ives-Universum entwickelt. “Universe, Incomplete”! Mit 12 Schauspielern, Sängern, Tänzern, dem Schlagquartett Köln, SchlagzeugstudentInnen von vier nordrhein-westfälischen Musikhochschulen, dem Ensemble Rhetoric Project und den Bochumer Symphonikern unter der Leitung von Titus Engel, die die utopischen Klangideen Ives in der Bochumer Jahrhunderthalle genial verräumlicht haben. (Von Sabine Weber) Die Universe Symphony wird bei der Ruhrtriennale zum Charles Ives Universum! Christoph Marthaler, Anna Viebrock und Titus Engel in utopischer Mission für einen Komponisten, der seiner Zeit meilenweit voraus war! weiterlesen

Wieder eine kleine, widerständige „deutsche“ Spur beim 71. Locarno Filmfestival

Letztes Jahr wurde Jean-Marie Straub mit dem Pardo d’honore geehrt. Ein überzeugter Kommunist und Filmemacher, der zusammen mit seiner verstorbenen Lebenspartnerin Danièle Huillet rigoros die filmische Auseinandersetzung mit der Literatur durch entemotionalisiertes verfremdetes Sprechen und monotone Bildeinstellungen gesucht hat. Dieses Jahr wird der deutsche Filmemacher Wolf-Eckart Bühler nicht geehrt, aber wiederentdeckt.
(Von Sabine Weber)

Die Piazza Grande wird beim Locarno Filmfestival jedes Jahr zu einem gigantischen Kinosaal!  Foto: Massimo Pedrazzini
Die Piazza Grande wird beim Locarno Filmfestival jedes Jahr zu einem gigantischen Kinosaal!
Foto: Massimo Pedrazzini

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Collegium vocale Gent unter der Leitung von Philippe Herreweghe setzt mit Claudio Monteverdis Marienvesper ein Ausrufungszeichen auf der Ruhrtriennale

Das ist eines der ganz seltenen Glücksmomente in einem Konzert! Eine Aufführung, die in jedem Detail gelingt. Und in einem märchenhaften Raum schwingt und verzaubert. (Von Sabine Weber)

Concerto vocale Gent in der Maschinenhalle der Zeche Zollern.  Foto: Volker Beushausen
Concerto vocale Gent in der Maschinenhalle der Zeche Zollern.
Foto: Volker Beushausen

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Zum Making-of eines Re-Makes. Die Opéra de Lyon recycelt drei deutsche Opern-Regiearbeiten aus den 1980ern und 90ern.

Elektra auf dem Sprungturm. Das Bühnenbild einer spektakulären Inszenierung von 1986 Foto: Stofleth
Elektra auf dem Sprungturm. Das Bühnenbild einer spektakulären Inszenierung von 1986. Foto: Stofleth

Ein Sprungturm im Schwimmbad und darunter das Orchester ? Ein wirklich spektakuläres Bühnenbild. Und schon 31 Jahre alt! Es stammt aus der Semperoper. 1986 spielte dort Richard Strauss’ Elektra inszeniert von Ruth Berghaus. Eine legendäre Inszenierung, die die Opéra de Lyon auf ihrem aktuellen Opernfestival rekonstruier. (Von Sabine Weber)

(7. März bis 5. April 2017, Opéra de Lyon). Für die Rekonstruktion wurden keine Mühen gescheut, wie Robert Körner berichtet. Als Directeur de la production artistique zieht er so ziemlich alle künstlerischen Register im Hintergrund. Mémoires ist das Festival überschrieben. Erinnerungen! Und da liegt es nahe, den Orchesterchef Hartmut Haenchen nach seinen Erinnerungen zu befragen. Er hat nämlich schon 1986 für die Dresdner Premiere, nein, nicht im Orchestergraben, sondern auf der Bühne gestanden. In der gerade wieder neu eröffneten Semperoper… (Die Fragen stellt Sabine Weber) Zum Making-of eines Re-Makes. Die Opéra de Lyon recycelt drei deutsche Opern-Regiearbeiten aus den 1980ern und 90ern. weiterlesen

Nie mehr Kundry! Auf den Berliner Festtagen verabschiedet sich Waltraud Meier von ihrer Lebensrolle

Die Gralsritter am Boden und ein fassungsloser Parsifal im Kapuzenpulli
Die Gralsritter am Boden und ein fassungsloser Parsifal im Kapuzenpulli. Foto: Ruth Walz

Mit Weihe und Karfreitagsallüre empfiehlt sich Richard Wagners Parsifal ja als die Karfreitags-Oper. Entschuldigung: Bühnenweihfestspiel! Seit dem Fall des Bayreuther Verbots, den Parsifal nicht anderweitig aufführen zu dürfen – das war 1914 – folgen auf Wagner setzende Opernhäuser dieser Empfehlung weidlich. Auf den diesjährigen Berliner Festtagen läuten die Karfreitagsglocken wieder heftig. Es tönt unter Maestro Barenboim auch äußerst weihevoll aus Graben. (Von Sabine Weber)  Nie mehr Kundry! Auf den Berliner Festtagen verabschiedet sich Waltraud Meier von ihrer Lebensrolle weiterlesen

Richard Strauss-Segen in Dortmund und in Viersen!

Die Dortmunder Oper feiert den 50. Geburtstag ihres Opernhauses mit dem Rosenkavalier. In der Festhalle in Viersen glänzt das WDR Sinfonieorchester Köln mit der Rosenkavaliersuite und Hanna-Elisabeth Müller mit den Vier letzten Liedern. (Von Sabine Weber)

Marschallin denkt nach, Octavian fühlt nach!
Marschallin denkt nach, Octavian fühlt nach!

(11./12. März 2016, Festhall Viersen, Oper Dortmund) Mit 10 Cent gehört er Ihnen! Der grell orangefarbenen Spintschrank. Einmalig in einem Opernhaus… Richard Strauss-Segen in Dortmund und in Viersen! weiterlesen

Das Ende ist der Anfang! Accatone von Pier Paolo Pasolini als Musiktheater in der spektakulären Kohlenmischhalle Zeche Lohberg zum Auftakt der Ruhrtriennale 2015

Das Leben ist die Hölle für Accatone. Auf der Ruhrtriennale ist das die Kohlenmischhalle der Zeche Lohberg. Foto: Julian Röder
Das Leben ist die Hölle für Accatone. Auf der Ruhrtriennale ist das die Kohlenmischhalle der Zeche Lohberg. Foto: Julian Röder


Wie ein riesiges umgedrehtes Boot mit Kiel zu oberst sieht die Halle aus. Geschätzte 300 Meter lang und 30 Meter hoch! Die Besucher ziehen wie Pilger zu ihr. Erst durch die backsteinerne Zentralwerkstatt. Dann über Schotterwege entlang von Bauzäunen, die Schutthaufen absperren. In denen steht ein 70 Meter hohes Fördergerüst wie ein einsamer Gigant. Bis 2005 transportierte der grün schimmernde Eisenturm mit seinen Radwinden die Kumpels in einen 1.200 Meter tiefen Schacht. Im Regen geht es weiter zur schwarzen Halle. Vorne ist sie sie offen. Vor der Öffnung liegt ein umgestürztes Motorrad. Das fällt kaum auf, denn sofort entdeckt man die riesige Tribüne im dunklen Hintergrund. Sitzt man in den ansteigenden Reihen, wird der Blick über die Steinwüste sofort wieder zurück zur Öffnung – in eben 500 Meter Tiefe – wie magisch gezogen. Ins Licht, ins Grün. Das ist Sehnsucht pur in einem spektakulären Blick. Und sie wird übermächtig in dem folgenden zweieinhalb Stunden Musiktheater. Das Licht am Ende des Hallentunnels! (Von Sabine Weber) Das Ende ist der Anfang! Accatone von Pier Paolo Pasolini als Musiktheater in der spektakulären Kohlenmischhalle Zeche Lohberg zum Auftakt der Ruhrtriennale 2015 weiterlesen

Auf dem Davos Festival „Young artists in concert“ geht’s rund!

Bei der Festivaleröffnung umkreist Ensemble Federspiel das Cuartedo Gerhard. Foto. Yannick Andrea
Bei der Festivaleröffnung in Davos umkreist Ensemble Federspiel das Cuartedo Gerhard. Foto: Yannick Andrea

Davos ist ein Wintersportort. In der Wintersaison lädt auch das World Economic Forum immer zum Wirtschaftsgipfel ein. Der legendäre Davoser Kur-Sommer ist längst keine Hochsaison mehr. Auch wenn ihn Thomas Mann in seinem Zauberberg literarisch verewigt hat. Vielleicht ist deshalb das Davos Festival „Young artists in concert“ über Musikerkreise hinaus kaum bekannt. Auf dem Davos Festival „Young artists in concert“ geht’s rund! weiterlesen

Künstlerfreundschaften – Völkerverständigung. 10 Jahre Rolandseck-Festival

Das neugegründete Arp-Quartett! Foto: Sabine Weber
Das neugegründete Arp-Quartett! Foto: Sabine Weber

Bei dem einwöchiges Kammermusik-Festival im Arp Museum Bahnhof Rolandseck bei Remagen ist seit 10 Jahren etwas zu erleben, das über das Phänomen Klaviertrio, Streichquartett und Orchesterwerke in Kammermusikbearbeitung hinaus weist. 1982 wurde die erste Festivalsauflage gestartet, die hauptsächlich ein Ziel verfolgt hat: Junge Israeli nach Deutschland zu bringen, hier zu unterrichten und mit Deutschland vertraut zu machen. Der Bonner Johannes Wasmuth und der Konzertmeister vom Israel Philharmonic Orchestra, Chaim Taub aus Tel Aviv, entwickelten sich zu kongenialen Kulturpartnern am Mittelrhein. Der Geiger Guy Braunstein war einer der ersten Jugendlichen, der damals kam. Heute lebt er in Deutschland. Vor 10 Jahren hat er das Festival neugegründe. Am 2. Juli hat es begonnen. (Von Sabine Weber)

(03. Juli 2015, Arp Museum, Rolandseck,) Brahms schmerzt! Künstlerfreundschaften – Völkerverständigung. 10 Jahre Rolandseck-Festival weiterlesen

Liebe finden in Ruinen – Leben schenken im Kunstobjekt! Die Kölner Oper gibt Janačeks Tagebuch eines Verschollenen und Holsts Sãvitri im Kölner Kolumba Museum

John Heuzenroeder als der Verschollene aus Janaceks Tagebuch... Foto: Klaus Levebvre
John Heuzenroeder als der Verschollene aus Janaceks Tagebuch… Foto: Klaus Levebvre

Vis-à-vis der Kölner Oper befindet sich das Kolumba-Museum. Vom Schweizer Stararchitekten Peter Zumthor errichtet liegt es hinter der ersten Häuserzeile auf der anderen Seite der Nord-Süd-Fahrt. Dort zu inszenieren ist eine ungemein mutige Idee. Aber eine schlüssige, wenn es die Sänger schaffen, sich so behutsam und schwindelfrei durch die Kunst zu bewegen. Und wenn eine Regisseurin wie Béatrice Lachaussée so bezugsreich mit den Räumen und dem, was darin gezeigt und ausgestellt wird, inszeniert! (Von Sabine Weber)
(30. Mai 2015, Kolumba-Museum, Köln) Für Leoš Janačeks Klavier-Oper Tagebuch eines Verschollenen klettert John Heuzenroeder Liebe finden in Ruinen – Leben schenken im Kunstobjekt! Die Kölner Oper gibt Janačeks Tagebuch eines Verschollenen und Holsts Sãvitri im Kölner Kolumba Museum weiterlesen