Archiv der Kategorie: Festivalberichte

Strahlende Gesangslinien – Josquin Capella eröffnet den Romanischen Sommer in Köln mit Musik aus der Cappella Sistina

Der Romanische Sommer in Köln ist seit seiner Gründung 1988 einzigartig geblieben, füllt das Festival doch die Romanischen Kirchen mit Musik und verschmilzt so Raum, Zeit und Klang zu Gesamtkunstwerken. Das Auftaktkonzert mit der Josquin Capella unter Meinolf Brüser berauscht mit Renaissance-Gesang, der schon die Sixtinische Kapelle „erleuchtet“ hat. In Sankt Ursula sieht die Kirchenheilige umringt von ihren Jungfrauen auf einem Chorraumfenster zu. (Von Sabine Weber) Strahlende Gesangslinien – Josquin Capella eröffnet den Romanischen Sommer in Köln mit Musik aus der Cappella Sistina weiterlesen

Acht Brücken | „Lessons in Love and Violence“ semi-konzertant in der Kölner Philharmonie

Für 2020 war die Aufführung im Kölner Philharmonieplan bereits vorgesehen und kommt jetzt mit dem Mahler Chamber Orchestra unter der Leitung des Komponisten George Benjamin im Rahmen einer Tournee bei Acht Brücken unter. Mit dem Festivalthema „Musik oder Nichts“ hat diese dritte Oper Benjamins vielleicht weniger zu tun, ist aber musikalisch wie szenisch auf der reduzierten Podiumsbühne vor Orchestermusikern eine eindrückliche Lektion über Liebe und Gewalt, zumal unter der Stabführung Sir Georges. (Von Sabine Weber, Foto: Jörn Neumann) Acht Brücken | „Lessons in Love and Violence“ semi-konzertant in der Kölner Philharmonie weiterlesen

Singer Pur führt mit erlesenem Gesang durch Weltkulturen und eröffnet in Köln den Romanischen Sommer 2022

Sicherlich ist dieses Konzert bereits ein Höhepunkt! Sankt Ursula in Bahnhofsnähe hat sowohl die richtige Atmosphäre als auch die perfekte Akustik für das in München beheimatete Sextett „Singer Pur“. Die fünf männlichen Sänger plus eine Sopranistin feiern mit ihrem Programm „Horizons“ – „Horizonte“ dieses Jahr auch ihr 30jähriges Ensemblejubiläum. Und versetzen das Publikum und den Romanischen Kirchenraum sofort in Schwingung. „Schwingen“ steht ja auch als Thema über dieser Romanischen Sommerwoche. (Von Sabine Weber) Singer Pur führt mit erlesenem Gesang durch Weltkulturen und eröffnet in Köln den Romanischen Sommer 2022 weiterlesen

Brixen Classics – ein feines kleines Festival im zweiten Jahr

Sommerfestivalzeit! Und nicht nur Bayreuth, Salzburg oder Aix en Provence locken, auch kleine Festivals, wie im zweiten Jahr das Brixen Classics. Und den internationalen Zusatz „Classics” darf man im südtirolischen Bressanone durchaus mehrfach deuten. Klassische Musik zwischen „A Night at the Opera” mit Bryn Terfel und Camilla Nylund sowie Freischütz light” mit Christopher Ventris, Michael Volle und Gabriela Scherer, beides open air in der Renaissance-Hofburg Brixens une eine musikalisch umrahmte Festmesse im Barockjuwel des Klosters Neustift. Dazu das gesegnete Südtiroler Land mit seinen exzellenten Weinen und einer (nicht nur) 5-Sterne-Hotel-Kultur, auf die andere Regionen zur Recht neidisch sind. (Von Klaus Kalchschmid, Foto: Marko Paunovic) Brixen Classics – ein feines kleines Festival im zweiten Jahr weiterlesen

Fish ‘n‘ Chip? Im Finale des Zamus: Early Music Festival ein philosophisch-schauspielerisch-musikalischer Auftritt der besonderen Art!

„Fish ‘n‘ Chip“- „Quo vadis?“ klingt ambitioniert für ein Alte-Musik-Festival-Konzert. Chip bezieht sich auf den IT-Bereich. Die Chips zum Knabbern sind also nicht gemeint, obwohl eine Künstlerin gleich auf der Bühne ständig knabbert. Die Wohin-Frage rekurriert auch nicht auf das berühmte Bibelzitat oder den Roman von Henryk Sienkiewicz, großartig verfilmt mit Peter Ustinov. „Evolution“ ist das Motto dieses Festivals und soll zur Debatte gestellt werden. Von Ira Givol initiiert. Wohin geht aber die Reise? Ja, welche Reise? Dazu wächst zu allererst das Ensemble des Abends über sich hinaus. Die fünf Musiker:innen (zamus: kollektiv) singen, schauspielern und einer tanzt, und die Schauspielerin (Honolulu-Star Production) greift zum Instrument. Alle improvisieren auch. Sie spielen miteinander und musizieren vor allem vorzüglich. Ein unterhaltsamer kammermusikalischer Musiktheaterabend! (Von Sabine Weber) Fish ‘n‘ Chip? Im Finale des Zamus: Early Music Festival ein philosophisch-schauspielerisch-musikalischer Auftritt der besonderen Art! weiterlesen

Roland Wilson und Musica Fiata lassen zu dessen epochalem 350. Todestag dieses Jahr eine totgeglaubte Oper von Schütz wiedererstehen. Dafne!

Heinrich Schütz gilt als der Vater der deutschen Musik. Er hat auch die erste deutsche Oper gezeugt, was wir seinerzeit noch im Genuss eines profunden Musikunterrichts gelernt haben. Das epochale Wunderwerk gilt – leider – als auf immer verschollen. Das Libretto von Martin Opitz hat sich aber erhalten. Und hat jetzt neue Schützmusik bekommen, vom Schütz-Spezialisten Roland Wilson zugeteilt, der seit Jahrzehnten davon träumt, Dafne wieder auferstehen zu lassen. Seine Recherchen und seine Umsetzungsversuche sind zu einem Ergebnis gekommen, das sich hören lassen kann. Mit seinem Ensemble Musica Fiata hat Roland Wilson beim diesjährigen zamus: Festival für Alte Musik in Köln sogar für ein Highlight gesorgt. (Von Sabine Weber) Roland Wilson und Musica Fiata lassen zu dessen epochalem 350. Todestag dieses Jahr eine totgeglaubte Oper von Schütz wiedererstehen. Dafne! weiterlesen

Fünf Opern in drei Tagen! In München geht das, denn es ist „Ja, Mai”

„Ja, Mai“ – heißt das neue Opernfestival, für das die Reise nach München angetreten wird. Den österreichischen Komponisten Georg Friedrich Haas und dessen Operntrilogie auf Libretti von Händl Klaus hat Serge Dorny, Intendant der Müchener Staatsoper, in den Fokus seines neu ins Leben gerufenen Festivals für Samstag, Sonntag und Montag auf den Plan gesetzt. „Bluthaus”, „Koma“ und „Thomas”. Das sonntags heiß erwartete „Koma“ in der Regie von Romeo Castelluci ist wegen des russischen MusicaAeterna-Orchesters unter Teodor Currentzis, das von einer der vier russischen, auf der EU-Liste der Sanktionen aufgelisteten Banken gefördert wird, vorsichtshalber auf übernächstes Jahr verschoben worden. Der Freiraum wird aber sofort gefüllt. Mit Ernst Kreneks „Jonny spielt auf” am Gärtnerplatz Theater, das gerade einen Blackfacing-Shitstorm überstanden hat. Und weil der geschätzte Münchener klassikfavori-Kollege die späte Gaetano-Donizetti-Oper „La Favorite” in einem Volkshochschulseminar vorstellt und dazu eine Produktion der Münchener Staatsoper von 2016 auch noch vorführt, wird das auch noch mitgenommen! (Von Sabine Weber) Fünf Opern in drei Tagen! In München geht das, denn es ist „Ja, Mai” weiterlesen

Glucks „Orfeo“ in der Parma-Fassung mit Kabarett, dazu Dressmanshow mit Spitzentönen bei den Gluckfestspielen

Sie sind in Franken und beim TV-Fasching legendär: Waltraud und Mariechen, das Kabarettisten-Travestie-Duo mit den echten Namen Volker Heißmann und Martin Rassau. Nun kalauern sich die beiden brillant durch die Eröffnung der diesjährigen Gluck-Festspiele vor dem Vorhang des neobarocken Stadtheaters Fürth. Im verbalen Dialekt-Pingpong machen sie deutlich, dass nicht Jacques Offenbachs „Orpheus“ auf dem Programm steht („Schood, ich had mich ächt auf den Kang Kang gefreut“) und der Sänger der Titelpartie von Glucks „Orfeo ed Euridice“ eben erst in Bayreuth aufgetreten sei: „Naa, ned oben im Feschbielhaus, sondern drundn im Markgräflichen Obbernhaus!“ (Von Klaus Kalchschmid)

Bruno de Sà. Foto: Khrystyna Jalowa

(16./17. September 2021 Gluckfestspiele, Fürth, Neumarkt) Ein männlicher Sopran wie Bruno de Sà kann die Partie, die einst Soprankastrat Giuseppe Millico 1769 in der Parma-Fassung verkörperte tatsächlich singen. Gluck hatte seinen Orfeo sieben Jahre zuvor für Wien für einen Altkastraten komponiert. Diese Urfassung wird heute meist gesungen, von einem weiblichen Mezzo, oder Countertören wie Franco Fagioli, Philippe Jaroussky oder Bejun Behta.

Die Parma-Fassung entstand für die Hochzeit von Erzherzogin Maria Amalia mit Herzog Ferdinand von Bourbon-Parma sogar als ein mehrteiliges musikalisch-theatralisches Spektakel. Le feste d’Apollo heißt es und Atto d’Orfeo (Parma-Fassung) ist der abschließende Teil davon. Nach der von Gluck 1774 grundlegend für Paris und einen hohen Tenor auf Französisch veränderten Fassung ist die sogenannte „Parma-Fassung“ bis heute die am seltensten aufgeführte. Denn die hier um eine Terz oder gar eine Quart nach oben transportierte Soprankastratenpartie liegt den meisten Countertenören zu hoch, einem Bruno de Sà oder Samuel Mariño, der ursprünglich vorgesehen war, dagegen fast zu tief!

Sà musste vor zwei Wochen die Partie von Grund auf lernen, um sie nicht nur musikalisch in die Stimme, sondern auch in den Körper zu bekommen. Denn geplant war eine auswendig gesungene konzertante Version mit einem Hauch von Szene mit Samuel Mariño. Der hatte wohl wegen seines Lieder-Recitals abgesagt. De Sà schien leider gesundheitlich angeschlagen. Das hat zu Nervosität geführt und manchmal mangelnder Tragfähigkeit der Stimme in Mittellage und Tiefe. Die Spitzentöne strahlen dennoch stets wunderbar. Als Sà einmal einen hohen Ton ohne Vibrato mit immer mehr Lautstärke und vibrierendem Klang vom Pianissimo ins Fortissimo steigert, geht ein Raunen durch die Reihen.

Ihm zur Seite steht eine feine, ihr Unverständnis ob des scheinbar gefühllosen Mannes immer stärker artikulierende Euridice in Gestalt von Georgina Melville und als Amor der sicher und kraftvoll agierender Knabensopran Cajetan Deßloch von den Tölzern. Dessen musikalischer Leiter ist der Dirigent dieses Abends und der neue Festival-Leiter seit dieser Saison, Michael Hofstetter. Er trägt mit dem auf Originalklang-Instrumenten spielenden Händelfestspielorchester Halle prägnant musizierend den Abend, während das fünfköpfige Calmus Ensemble, manchmal erweitert um den Kammerchor Josquin des Préz, schöne junge Stimmen mit Ausdruck hören, aber doch auch manchmal die chorische Mischung vermissen lässt.

Michael Hofstetter, Leiter der Gluckfestspiele. Foto: Stuart Armitt

Tags darauf staunt das Publikum im Neumarkter Reitstadl: Denn da durfte es hören, was für ein großartiger Orfeo der Venezulaner Samuel Mariño wohl gewesen wäre. Er singt das berühmte „Che farò senza Euridice“ nach Ende des offiziellen Programms nicht nur brillant, sondern lebt die tiefe Verzweiflung des thrakischen Sängers über den erneuten Verlust seiner Geliebten in jedem Ton und mit jeder Faser seines Körpers aus. Das ist überwältigend, wie der ganze Abend, ebenfalls mit dem Händelfestspielorchester Halle unter Michael Hofstetter. Das spielte sogar noch um einiges packender und knackiger als tags zuvor, lässt sich von Mariño wohl auch infizieren.

Samuel Mariño. Foto: Khrystyna Jalowa

Der präsentiert das halbe Programm seiner aktuellen Debüt-CD bei Orfeo, aufgenommen im Oktober 2019. Also etwa „M’allontano, sdegnose pupille“ des Meleagro aus Händels Atalanta und „Quella fiamma“ aus dessen Arminio: ein herrlicher Wettstreit mit einer Solo-Oboe um die schönste Kadenz, die geilste Verzierung und den glanzvoll ausgehaltenen hohen Ton, immer wieder kulminierend in einem dreigestrichenen C, das sogar manch‘ weiblichem Sopran schwerfällt.

Dazu trägt Mariño erst ein silbrig schimmerndes Sakko über nackter Haut, später für Gluck dann ein dunkles Sakko über schwarzem, durchsichtigen Netzhemd. Und auf seinen Plateau-Schuhen stolzierte er elegant viril-feminin, als wären’s High Heels.

Nach der Sinfonia aus Glucks Antigono folgt fulminant verkörpert die große Szene der Berenice („Berenice, che fai“) und „Care pupille“ aus Il Tigrane. Jede Koloratur sitzt perfekt, jede Verzierung girrt, jeder Triller vibriert sexy dazu eine perfekt tänzelnde Bühnen-Show. Eine Kreuzung aus Cecilia Bartoli und Michael Jackson könnte er genannt werden. Und flirtet auch mal mit dem Cellisten im Orchester.

Am Ende gibt Mariño außer der Klagearie des Orpheus noch zwei weitere Zugaben, darunter eine herrlich vital gurrende und noch eine ganz intime, leise Händel-Arie: „Care selve“ des Meleagro aus Atalanta – nur mit Begleitung von Laute und Cello!

Im nächsten Jahr gibt es im Mai bei den Gluck-Festspielen unter anderem zwei szenische Produktionen von Gluck-Opern im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth und im Stadttheater Fürth. Die Besetzung soll hochkarätig und international sein. Details werden im Herbst bekanntgegeben.

RT_21: D•I•E – Überforderungstrance mit Hologrammen, Aufzählungspoesie und Frauengeschrei

„Rauschartige Überforderungstrance“ – kündet das Programmheft an! Michael Wertmüllers neues Musiktheater D•I•E setzt ein klassisches Streichquartett, ein Metal-Jazz-Neue-Musik-Trio, eine Garage-Band, drei Sängerinnen, eine Rapperin und eine Performerin in rotierenden 3-D Raumbilder in Aktion! (Von Sabine Weber) RT_21: D•I•E – Überforderungstrance mit Hologrammen, Aufzählungspoesie und Frauengeschrei weiterlesen

3. Ausgabe von Felix! Original. Klang: Großartige Chöre unter Vaclav Luks und Howard Arman! Gambe trifft auf Dhrupad-Gesang und Jazz-Posaune auf Josquin

(26. bis 28. August, Kölner Philharmonie, Wallraf-Richartz-Museum, Stiftersaal) Endlich mal wieder Chöre! Zumal das Collegium Vocale 1704, begleitet von 13 Musiker*innen dynamisch ausgefeilt und atemberaubend sauber Messteile erster Güte von Jan Dismas Zelenka vorträgt. 3. Ausgabe von Felix! Original. Klang: Großartige Chöre unter Vaclav Luks und Howard Arman! Gambe trifft auf Dhrupad-Gesang und Jazz-Posaune auf Josquin weiterlesen